In unserem ersten Blog zum Thema, wie man Stillstandszeiten bei Schweißroboter-Anlagen verringern kann, lag der Schwerpunkt auf dem Roboterbrenner. Wir sind auf die richtige Auswahl des Roboterschweißbrenners eingegangen, die Brennerleistung, die Brennergeometrie und haben herausgestellt, dass das alles ohne eine »saubere« Programmierung nicht funktioniert.
- Auswahl des Roboter-Schweißbrenners gemäß Anwendung ✓
- Wahl der Verschleißteile wie Stromdüse, Gasdüse, Gasverteiler und Liner
- Schlauchpaket und Schlauchpaketführung
- Roboterbrennerhalterung und Abschaltsicherung
- Brenner-Reinigungsstation
In diesem Blog-Beitrag wird sich alles um das wichtige Thema Verschleißteile drehen. Stromdüse, Gasdüse, Gasverteiler und Liner befinden sich ganz vorne am Prozess, nämlich dort, wo die Wärmeentwicklung am größten ist, Schweißspritzer umherfliegen und minderwertiges, schlecht zu verarbeitendes Verschleißteilematerial jede Menge Potenzial für Stillstandszeiten liefert. Eine regelmäßige Wartung und Austausch dieser Verschleißteile erhöht die Standzeiten erheblich. Erfahren Sie in diesem Artikel, was es dabei generell zu beachten gibt.
2. Die richtige Wahl der Verschleißteile
Standzeit – ein Thema, das beim Roboterschweißen extrem wichtig ist, denn jede Minute, die ein Schweißroboter nicht schweißen kann, kostet Zeit und Geld. Aus diesem Grund sollte auch an der Qualität und damit an den Kosten für Verschleißteile wie Stromdüse, Gasdüse, Düsenstock und Liner nicht gespart werden. Jeder ungeplante Stopp der Roboterschweißanlage kostet in Relation mehr als ein qualitativ hochwertiges Verschleißteil.
Stromdüsen
Die Stromdüse – auch verbreitet Stromkontaktrohr genannt – hat die Aufgabe, den Schweißstrom optimal auf die endlos zugeführte Drahtelektrode zu übertragen. Die Vorschubgeschwindigkeit des Drahts liegt in der Regel zwischen 8–18 m/min. Abhängig vom Prozess kann diese auch darüber liegen.
Wer hohe Standzeiten seiner Roboter-Anlagen sicherstellen möchte, sollte auch beim Massenartikel Stromdüsen auf Qualität achten – und zwar hinsichtlich Material und Verarbeitung. Natürlich gibt es auch günstige Stromdüsen bzw. Stromkontaktrohre auf dem Markt, doch müssen diese zum einen öfter gewechselt werden, was wiederum den Schweißprozess unterbricht. Zum anderen sind Stromdüsen in schlechter Materialqualität und Verarbeitung kontraproduktiv für eine gute Nahtqualität im Schweißergebnis.
Die Hauptursachen für Stromdüsenverschleiß sind:
- Mechanischer Verschleiß durch Auswaschen der Bohrung – im Wesentlichen beeinflusst durch den Drahtelektrodenwerkstoff und die Stromdüsentemperatur
→ Folge: Der Draht läuft nicht mehr zentriert und beeinträchtigt den TCP
- Verschmutzung der Bohrung – verursacht durch Drahtabrieb und Ziehmittelrückstände
→ Folge: Der Abrieb setzt sich am Einlauf der Stromdüse fest bzw. wird durch die Stromdüse gefördert und erzeugt unruhige Lichtbögen bis hin zu Drahtfestbrennern
- Elektroerosiver Verschleiß – verursacht durch Mikrolichtbögen zwischen Draht und Stromdüse, die Material innerhalb der Bohrung abtragen.
→ Folge: Die Stromdüse wird »ausgewaschen«
Die Anforderungen an das Material einer Stromdüse bzw. eines Stromkontaktrohrs sind:
- Hoher Verschleißwiderstand
- Gute Wärmeleitfähigkeit
- Hohe Warmfestigkeit
- Gute elektrische Leitfähigkeit
Jeder Werkstoffkundler erkennt damit sofort: Es gibt kein Material, das all diese Eigenschaften in sich vereint. Das bedeutet, dass man bei der Wahl einer Stromdüse den Schweißdraht, die Schweißparameter und das verwendete Brenner-Schlauchpaket (luft- oder flüssiggekühlt) berücksichtigen muss. Doch auch das verwendete Schutzgas muss in die Entscheidung mit einbezogen werden, denn je nach Zusammensetzung bildet dieses einen mehr oder weniger intensiven Lichtbogen.
Zwei Werkstoffe kommen diesen Ansprüchen an eine Stromdüse jedoch sehr nah: Elektrolytkupfer (E-Cu) und Kupfer-Chrom-Zirkon (CuCrZr).
Materialeigenschaften von E-Cu und CuCrZr
Elektrolytkupfer ist im Vergleich zu Kupfer-Chrom-Zirkon ein besserer elektrischer Leiter, jedoch weniger verschleißfest. Der Zirkonanteil macht die Stromdüsen bzw. Stromkontaktrohre widerstandsfähiger gegen Verschleiß und damit zu dem empfohlenen Material beim Roboterschweißen. Stromdüsen aus Elektrolytkupfer sollten für Stromstärken bis maximal 350 Ampere eingesetzt werden. CuCrZr ist zwar das teurere Material, garantiert dafür jedoch eine längere Standzeit. Die folgende Gegenüberstellung* zeigt den direkten Vergleich:
Eigenschaften | E-Cu | CuCrZr |
Elektrische Leitfähigkeit bei 20 °C (m/ohm x mm2) | ≤ 57 | ≤ 43 |
Wärmeleitfähigkeit bei 20 °C (Watt/(m x Kelvin) | ≤ 386 | ≤ 320 |
Härte nach Vickers (HV) | ≈ 125 | ≈ 165 |
Erweichungstemperatur (°C) | ≈ 260 | ≈ 500 |
Qualität der Verarbeitung
Eine hochwertige Stromdüse erkennt man an einer stimmigen Gesamtgeometrie: einer präzisen, zentrierten Bohrung mit glatter Oberfläche sowie gut verarbeitete Gewindeanschlüsse. Minderwertige Stromdüsen weisen eine raue Oberfläche im Bereich der Bohrung auf. ABICOR BINZEL beispielsweise stellt Stromdüsen nach einem Hochgeschwindigkeits-Tiefbohrverfahren her und garantiert in Bezug auf die Bohrungstoleranzen und Oberflächenrauheit in der Bohrung eine gleichbleibend hohe Qualität.
Tipp
→ Achten Sie beim Kauf von Stromdüsen unbedingt auf Qualität.
Gasdüsen
Wie beim Handschweißen werden auch beim Roboterschweißen die Gasdüsen so ausgewählt, dass sie eine optimale Schutzgasabdeckung garantieren und eine gute Zugänglichkeit zum Bauteil ermöglichen. Da sie unmittelbar am Schweißprozess zum Einsatz kommen, sind sie permanent den umherfliegenden Schweißspritzern ausgesetzt. Eine übermäßige Spritzeranhaftung ist die Hauptursache für Gasdüsenverschleiß und führt zu Gasabdeckungsproblemen sowie zu Brückenbildung und in Folge zu einem Kurzschluss.
Manchmal ist es notwendig, einen größeren sogenannten Tip-Stick-out zu wählen – die Stromdüse ragt weiter aus der Gasdüse heraus, um zum Beispiel näher an die zu schweißende Fuge heranreichen zu können. Ist dagegen eine Gasdüse weiter vom Prozess entfernt, muss mehr Gas zugeführt werden, um eine ausreichende Schutzgasabdeckung gewährleisten zu können. Dafür setzen sich weniger Schweißspritzer an der Gasdüse fest. Eine Lösung sind spezielle Engspaltgasdüsen, die in Verbindung mit Engspaltstromdüsen eingesetzt werden. Durch deren Geometrie erreicht man selbst tiefe Spalte und kann von der Wurzel bis zur Decklage schweißen.
Zum Basiskörper aus Kupfer haben die meisten Gasdüsen fürs Roboterschweißen Oberflächenbeschichtungen, um durch Reflexion und eine härtere Oberfläche die Spritzeranhaftung zu reduzieren.
Schweißspritzer stellen die Hauptbelastung für Gasdüsen dar. Zwar kann mit einem gut eingestellten Schweißprozess die Spritzerbildung reduziert werden, allerdings lassen sich diese beim MIG/MAG-Schweißen nicht komplett verhindern.
Tipps
→ Beim Roboterschweißen müssen Reinigungsintervalle fest einprogrammiert werden, damit festsitzende Schweißspritzer entfernt und Spritzerbildung vermieden wird.
→ Bestücken Sie Ihre Schweißroboter mit geschraubten statt gesteckten Gasdüsen. Diese behalten generell während des Schweißprozesses wie auch bei den Reinigungsintervallen an Reinigungsstationen einen festen, sicheren Sitz am Brenner.
Spritzerschutz & Gasverteiler
Wenn nicht vom Roboterbrennersystem vorgegeben, ist die Wahl zwischen Spritzerschutz und Gasverteiler eine fallbezogene Situationsentscheidung. Ein Gasverteiler wirkt wie eine Gasdusche und ermöglicht damit eine sehr gute Schutzgasabdeckung. Dieses Verschleißteil wird vor allem beim Schweißen von Aluminium oder Edelstahl eingesetzt, wo die Gasabdeckung möglichst laminar sein muss. Der Spritzerschutz ermöglicht dem Reinigungsfräser einen optimalen Zugang bis tief in den Brennerkopf, oftmals bis über die Gasbohrungen im Innenrohr und sorgt so für gleichbleibend gute Gasabdeckung.
Tipp
→ Sowohl Gasverteiler als auch Spritzerschutz sollten aus hochtemperaturbeständigem Material bestehen, da beim Roboterschweißen sehr oft mit hoher Belastung geschweißt wird. Hierdurch werden die Stillstandszeiten niedrig und die Standzeit des Roboterbrennersystems hoch gehalten.
Führungsspiralen, Drahtseelen, Liner
Es gibt viele unterschiedliche Liner auf dem Markt und schon bei der Auswahl der richtigen Führungsspirale für Schweißroboter kann man Fehler machen. Ein Liner richtet sich immer nach dem zu fördernden Draht. Für weiche Drähte werden Kunststoffseelen eingesetzt und für Stahldrähte kommen Stahlspiralen zum Einsatz. Grundlegend gilt: Ein Liner muss die durch die Drahtelektrode verursachten Reibungskräfte kompensieren.
Hierzu muss der Draht des Liners:
- eine hohe Ausgangsfestigkeit haben
- mit hoher Vorspannung gewickelt sein
- eine saubere und riefenfreie Oberfläche haben – auch nach dem Wickeln
Immer die zum Draht passende Führungsspirale wählen
Wird nun beispielsweise zu einem sehr weichen Aluminiumdraht eine harte Führungsspirale gewählt, wird Metallpulver abgerieben und kann sich an einer Engstelle der Stromdüse sammeln und festsetzen. Die Drahtförderung wird blockiert.
Die Montagehinweise des Liners beachten
Beim Montieren eines Liners ist es wichtig, diesen immer leicht auf Druck zu setzen. Das bedeutet: Ein Liner sollte ca. 3–5 mm länger sein als das Schlauchpaket, damit er sich mit Druck gegen den konischen Einlauf der Stromdüse legt. Damit wird verhindert, dass die Führungsspirale innerhalb des Schlauchpakets Spiel hat bzw. sich bewegen kann. Insbesondere bei einem weichen Draht besteht die Gefahr, dass dieser seitlich ausbrechen und sich ineinander verwickeln kann – das sogenannte »Bird Nesting« (Nestbildung) entsteht. Dies kann generell überall dort entstehen, wo der Draht auf seinem Weg zum Prozess eine Lücke findet.
Rechtzeitiger Austausch des Liners
Selbst bei einer für einen Draht optimal passenden Führungsspirale, werden Drahtpartikel abgerieben oder es entsteht Abrieb durch den Draht, der sich an den Verbindungsstellen absetzt. Dies wird u. a. dadurch erkennbar, dass der Lichtbogen unruhig wird, der Draht schwerer durch das Schlauchpaket läuft oder gar nicht mehr befördert werden kann. Bevor es dann zu einem Verschmelzen des Drahts mit der Stromdüse kommt – dem sogenannten Rückbrand – der Prozess unterbrochen und das Bauteil von Hand nachgearbeitet werden muss, sollte die Führungsspirale als vorbeugende Wartung ausgetauscht werden. Das vermeidbare Ungeplante ist ärgerlich und teuer – und sollte nach Möglichkeit vermieden werden.
Tipps
→ Achten Sie beim Einbau von Führungsspiralen darauf, dass eine ausreichende Fixierung in Form von einem Haltenippel oder einer Haltescheibe am Schlauchpaketanschluss gewährleistet ist.
→ Liner dürfen sich nicht frei im Schlauchpaket hin und her bewegen können.
→ Sämtliche Schnittstellen nach innen und außen müssen absolut gratfrei sein.
→ Die Liner müssen auf Druck eingesetzt werden.
→ Wählen Sie immer die zum Draht passende Führungsspirale. Umfassende Informationen über Führungsspiralen finden Sie in unserem Blog zum Thema »Praxis-Tipps Schweißen: Schweißdraht und Drahtseele«.
→ Tauschen Sie den Liner nach einem auf den Prozess passenden, festgelegten Rhythmus aus, um die Standzeiten zu erhöhen.
Wenn Sie zu Stromdüse, Gasdüse & Co. mit Blick auf Stillstandszeiten bei Schweißrobotern Anmerkungen oder Fragen haben, hinterlassen Sie uns diese gerne im Kommentarfeld.
Im nächsten Blog zum Thema nehmen wir das Schlauchpaket, die Schlauchpaketführung, Brennerhalterung und Abschaltsicherung wie auch die Brennerreinigung mit einer Reinigungsstation genau unter die Lupe.
Bis dahin …
Happy welding!