Schön gearbeitete Geländer und Treppenaufgänge aus Edelstahl, Hochglanz-Küchenfronten oder Gebäudefassaden, die schon von Ferne in der Sonne glänzen, sind schon ein echter Hingucker. Damit ein Metall zu einem sehenswerten Endprodukt wird, muss die Oberfläche entsprechend behandelt werden. In der Metallbearbeitung wird dazu neben Schleifen, Bürsten oder Strahlen überwiegend Beizen eingesetzt. Hierfür gibt es unterschiedliche Ansätze, je nach Anforderung im Produktionsprozess.
Warum beizen?
Der Begriff Beizen ist nicht nur aus der Metallbearbeitung bekannt, auch Holz und Getreide kann man beizen, um das Produkt zu färben oder gegen Schimmelbefall zu schützen. In diesem Blog widmen wir uns allerdings ausschließlich dem Metall-Beizen. Hier bedeutet Beizen das chemische Ablösen von Korrosionsschichten auf metallischen Oberflächen durch Reaktionen mit der Luft – im allgemeinen Sprachgebrauch als Rost bezeichnet – oder das Entfernen von Deckschichten aus vorhergehenden Arbeitsschritten mithilfe von Mineralsäuren. Typische Verunreinigungen sind Polierrückstände, Fette, Öle, Restrückstände anderer Metalle oder auch Zunder durch vorhergehende Bearbeitungsschritte. Auch das Lagern von Metall hinterlässt seine Spuren, wie abgelagerter Staub oder auch Flugrost, der aus feinem Eisenstaub besteht, der in der Luft oxidiert und sich auf Oberflächen absetzt. Sogenannter Walzzunder und Glühzunder können sich ebenfalls auf metallischen Oberflächen ablagern. Sie entstehen bei der Wärmebehandlung von Metallen.
Es ist wichtig, diese Rückstände, Ablagerungen oder Verschmutzungen zu entfernen, da sich diese ansonsten negativ auf die folgenden Produktionsabläufe und damit das Endprodukt auswirken. Metall-Beizen bereitet Oberflächen für den nächsten Step in der Weiterbearbeitung vor wie z. B.:
- Lackieren
- Galvanisieren
- Feuerverzinken
Weitere Möglichkeiten zur Vorbereitung von Metalloberflächen im Produktionsprozess sind:
- Strahlen
- Schleifen oder Bürsten
- Entfetten
Folgen von Ablagerungen auf der Metalloberfläche
Ablagerungen auf Metalloberflächen haben meist eine oxidische Zusammensetzung, die beispielsweise Eisenoxid, Magnesiumoxid, Aluminiumoxid, Bleioxid, Kohlenstoffdioxid oder Kohlenstoffmonoxid enthalten können. Diese führen dazu, dass sich die Eigenschaften des Bauteils verändern, wie z. B. die Leitfähigkeit wie auch die Haftfähigkeit reduziert und sogar weitere Korrosion gefördert wird. Würde man diese vor der Weiterverarbeitung des Metalls nicht entfernen, käme es zu ungleichmäßigem Schichtaufbau, Oberflächendefekten und einer schlechten Haftung von beispielsweise Beschichtungen bei nachfolgenden Prozessschritten. Das Tückische an einer Weiterverarbeitung ohne vorherige Metalloberflächenbehandlung ist, dass sich diese nicht immer sofort im Produktionsprozess bemerkbar macht. Tritt dies erst beim Kunden zum Vorschein, sind hohe Nachbearbeitungskosten und Ärger sprichwörtlich vorprogrammiert. Eine ordentlich vorbehandelte Oberfläche erfüllt die stetig steigenden Anforderungen an die Oberflächengüte von Metallen.
Oxidschichten bzw. Passivschichten entfernen
Je nach Metallart und seiner chemischen Beschaffenheit kann Korrosion auf der Bauteiloberfläche entstehen. Edelmetalle korrodieren sehr langsam. Unedle Metalle wie Eisen, Aluminium oder Zink korrodieren dagegen schneller. Entsteht auf dem Bauteil eine sogenannte passivierende Schicht – also eine nur wenige Nanometer dicke nichtmetallische Schutzschicht – verhindert diese den Kontakt des Metalls mit der Atmosphäre. Das Metall ist so vor Sauerstoffkorrosion geschützt. Für die Weiterverarbeitung dieser Metalle muss jedoch diese Passivschicht bzw. Oxidschicht aufgebrochen werden, was durch schwache Säurelösungen oder einen Schweißprozess erfolgen kann. Diesen Vorgang bezeichnet man auch als Aktivieren.
Damit sich nach der Bearbeitung die schützende Schicht schnell wieder bilden kann, werden beim Beizen bestimmte Zusammensetzungen der Säurelösung bzw. Elektrolytlösung eingesetzt, die mit dem Aufbringen der Flüssigkeit eine schnelle Passivierung aktivieren. Die Elektrolytlösung ABICLEAN von ABICOR BINZEL ist eine solche Lösung. Die durch das Schweißen zerstörte schützende Passivschicht wird mit ABICLEAN schnell wieder hergestellt. Im selben Schritt wird die bearbeitete Schweißnaht von unschönen Anlauffarben, die durch die Wärmeentwicklung aus dem Prozess entstehen, befreit und bekommt eine saubere Oberfläche, die bei Edelstahl schön glänzt.
Was passiert beim Beizen?
In der metallverarbeitenden Industrie liegt der Schwerpunkt auf dem Beizverfahren, das meist mit einer Salz-Schwefelsäurelösung in unterschiedlicher Konzentration ausgeführt wird – dazu später mehr. Beizen wird immer im Anschluss an die folgenden Arbeitsschritte angewandt:
- nach dem Schweißen oder Löten
- nach einer Wärmebehandlung
- nach längerer Lagerung des Metalls
Nimmt man beispielsweise Eisen als Grundmetall, lagern sich schichtweise die folgenden Eisenoxide ab:
Fe-Metall beizen – Abtragen der Zunderschicht
Durch Beizen werden die Verunreinigungen und damit die Oxidschichten einer Metalloberfläche chemisch gelöst oder »abgesprengt«. Dabei laufen unterschiedliche chemische und physikalische Reaktionen zeitgleich wie auch nacheinander ab. Beim Aufbringen der Beizflüssigkeit durch Eintauchen, Besprühen, Auftragen mit einem Pinsel, Pumpen durch Rohrleitungen oder auch mit elektrochemischer Unterstützung reagiert die Beizlösung mit den abgelagerten Oxiden.
Vorgang des Beizens Schritt für Schritt
- Eine Zunderschicht besteht aus Rissen und Poren, durch die Beizflüssigkeit durch die unterschiedlichen Oxidschichten gelangt
→ die leicht löslichen Schichten werden auflöst. - Auch die nur schlecht lösliche Oxidschicht verliert durch das Auflösen der darunterliegenden gut löslichen Schichten die Verbindung zum Metall
→ die schlecht lösliche Oxidschicht verliert an Stabilität. - Hat die Säure das Grundmetall erreicht, reagieren beide miteinander und setzen Wasserstoff frei, was die Ablösung der Oxidschicht zusätzlich unterstützt
→ die Oxidschicht wird sprichwörtlich abgesprengt.
Zusammensetzung der Beizlösung
Welche Mineralsäure eingesetzt wird und in welcher Konzentration diese sein muss, hängt von den Anforderungen an die gebeizte Oberfläche sowie der Dicke der Oxidschicht ab. Als Richtwert für die Säurekonzentration gelten folgende Werte:
Salzsäure 15–20 % bei überwiegend Raumtemperatur um die 20 °C
Schwefelsäure 10–30 % bei höheren Temperaturen von 50–100 °C
Phosphorsäure 10–20 % bei 40–60 °C
Welche Säure beim Metall-Beizen?
Salzsäure hat eine Säurekonzentration von 37 % und kann Zunder auflösen, Schwefelsäure dagegen nicht. Salzsäure sorgt für helle Beizoberflächen, wirkt bereits bei Raumtemperatur sehr gut und hat eine hohe Flüchtigkeit. Aus diesem Grund wird Salzsäure auch überwiegend zum Beizen bei Raumtemperatur angewendet, denn in geschlossenen Systemen können Temperaturen bis zu 70 °C entstehen.
Schwefelsäure hat eine Säurekonzentration von 96 % und kann daher in kleineren Mengen gelagert werden als zum Beispiel Salzsäure. Schwefelsäure wird zum Metall-Beizen fast ebenso häufig eingesetzt wie Salzsäure, verdunstet jedoch nicht und wird daher meist beim Beizen mit hohen Temperaturen eingesetzt. Wird Schwefelsäure mit Wasser gemischt, entsteht eine starke Wärmeentwicklung. Verdünnt greift diese Säure auch Eisen an, in konzentrierter Form jedoch nicht.
Phosphorsäure ist ein vergleichbar teures Verfahren und eignet sich besonders für das Entfernen von dünnen Zunderschichten und Rost. Beim Beizen von Eisen mit Phosphorsäure bildet sich automatisch eine dünne Eisenphosphatschicht, die das Material sofort passiviert. Eine 10 %ige Konzentration wird bei bis zu 40 °C und eine 20 %ige Konzentration bei bis zu 60 °C eingesetzt.
Säuremischungen aus unterschiedlichen Säuren werden beim Beizen von niedriglegierten Stählen und unlegierten Stählen verwendet wie auch für sogenannte ferritische – eine stark magnetische Chromstahlsorte, die besonders in der Lebensmittelindustrie eingesetzt wird – und austenitische Stähle, deren Hauptlegierungselemente Chrom und Nickel darstellen. Letztere besitzen eine hohe Korrosionsstabilität und lassen sich gut verformen, weswegen sie in der Medizin- und Zahntechnik, der Industrietechnik und im Automobilbau eingesetzt werden. Sowohl ferritische als auch austenitische Stähle gehören zu den Edelmetallen und sind besonders korrosionsbeständig bzw. korrosionsträge.
Die Säuremischungen zum Metall-Beizen werden als Beizpasten, Sprühmischungen und Badbeize angeboten.
Entsorgung der Beize
Egal wie stark eine Beizlösung verdünnt ist, sie ist genauso umweltschädlich wie auch gesundheitsschädlich und muss als Sondermüll entsorgt werden. Die Hinweise auf der Verpackung der Beize schreiben genau vor, wie der Inhalt entsorgt werden muss und dieses Vorgehen ist zwingend einzuhalten. Schwefelsäure und Phosphorsäure dürfen zum Beispiel nicht über den Restmüll oder die Kanalisation entsorgt werden. Es ist weitläufig zwar bekannt, dass Phosphorsäure in sehr geringen Mengen als Säuerungs- oder Konservierungsmittel auch in Lebensmitteln verwendet wird – ein sehr bekanntes ist Coca Cola – doch die menschliche Magenschleimhaut wirkt der ätzenden Eigenschaft entgegen. Allerdings ist nur schwer abzuschätzen, ab wann eine Kleinstmenge an Phosphorsäure zu einer für Mensch und Umwelt schädlichen Säure wird und auf jeden Fall als Sondermüll entsorgt werden muss. Da sich die Entsorgung für Sondermüll regional unterscheiden kann, muss man sich vorher genau informieren, um die regionalen Vorschriften einzuhalten.
Warum muss Edelstahl gebeizt werden?
Zusammengenommen gibt es mehr als 250 unterschiedliche Edelstahlsorten. Jede definiert sich durch seine individuelle chemische Zusammensetzung. Diese besitzen andere Eigenschaften als die reinen Metalle, aus denen sie gebildet sind. Wir werden uns demnächst näher mit dem Metall Edelstahl und dem Thema Edelstahl-Schweißen auseinandersetzen und hierfür einen eigenen Blog erstellen. Doch warum muss Edelstahl gebeizt werden?
Rostfreier Stahl bzw. Edelstahl gehört zu den Metallen, die durch den Chromgehalt eine Chromoxid-Schicht bilden, die ebenfalls die Oxidation der Oberfläche verhindert. Edelstahl besitzt also eine hohe Korrosionsbeständigkeit. Nach Beschädigung dieser Oxidschicht bildet sich diese sofort wieder automatisch neu. Edelstahl schützt sich also selbst vor Umgebungssauerstoff. Durch unterschiedliche Fertigungsprozesse kann die Oberfläche von Edelstahl jedoch stark beschädigt oder verunreinigt werden:
- Beim Schweißen, Schleifen o. ä. entstehen Anlauffarben
- Während der Lagerung entstehen Fremdrost oder Metalloxide
- Eine Wärmebehandlung lässt Zunderschichten entstehen
- Wird mit Stahlwerkzeug gearbeitet, lagert sich Eisenabrieb ab
- Beim Bohren ohne Schmierstoffe entsteht Chromcarbid aufgrund des Wärmeeinflusses
Beim Beizen erhält Edelstahl wieder seinen Oberflächenzustand zurück und damit die Korrosionsbeständigkeit.
Metall-Beizen ist ein spannendes Thema!
Aus unserer Sicht sollte man sanfte und oberflächenschonende Beizverfahren einsetzen, die außerdem die Umwelt nicht belasten. Wenn Sie keine aggressiven oder gar gefährlichen Beizverfahren und Beizmittel für Ihre Oberflächenbehandlung nach dem Schweißen einsetzen möchten, empfehlen wir die Geräte und die Elektrolytlösung von ABICOR BINZEL. Die Säurelösung bzw. Elektrolytlösung ABICLEAN kann man fürs Schweißnahtreinigen, Passivieren und Polieren von Metalloberflächen einsetzen – ausgeschlossen ist Aluminium. Die Geräte zur Schweißnahtreinigung ABICLEANER sind die umweltbewusste Alternative zu Beizpasten. Mit deren Hilfe lassen sich unschöne Anlauffarben entfernen und selbst empfindliche Oberflächen wie Metalle aus Edelstahl in einem Arbeitsschritt passivieren. Man spricht hier auch von elektrochemischem Beizen, obwohl der Begriff Beizen eher einen negativen Touch hat.
War dieser Blog hilfreich für Sie? Welche Themen speziell zu Werkstoffen in Verbindung mit Schweißtechnik interessieren Sie ganz besonders? Kontaktieren Sie uns gerne, wenn Sie Fragen oder Anregungen haben. Wir freuen uns auf Ihre Kommentare.
Bis dahin …
Happy welding!