Lasertriangulation beim Schweißen: Wie viele Linien braucht ein Sensor wirklich?

von Norbert Höppe verfasst am 14.03.2025 04:30:00

Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie Sie die Qualität von Schweißnähten in der Serienfertigung optimieren können? Ärgern Sie sich über Ausschuss oder Nacharbeit? Wenn Sie zum Beispiel in Ihrer Produktion Schweißroboter inkl. Lasertriangulation einsetzen, wissen Sie, dass präzise Schweißnähte entscheidend sind – nicht nur für die Stabilität, sondern auch für die Effizienz und Wirtschaftlichkeit Ihrer Prozesse. Es gibt diverse Sensoren, eine Frage ist also: Wie viele Linien sind für Ihre Applikation besser? Ein Sensor mit einer oder mit drei Linien?

In unserem letzten Blogbeitrag »Wenn Schweißtoleranzen zum Höllentrip werden« haben wir erklärt, wie Sie alle Herausforderungen meistern können, die durch vorgegebene Lagetoleranzen beim Schweißen entstehen. In diesem Artikel möchten wir daran anknüpfen und uns der nächsten Frage widmen: Was sind die Unterschiede zwischen Sensoren mit einer Laserlinie und Sensoren mit drei Linien? Wir geben Ihnen einen grundsätzlichen Überblick, damit Sie die Technologie besser einschätzen können und von Anfang an die passende Lösung für Ihre Anforderungen finden.

So funktioniert Lasertriangulation: Das Grundprinzip

Optische Nahtführungssysteme arbeiten unter anderem nach dem Prinzip der Lasertriangulation (Lichtschnitt-Verfahren). Wenn man es genau nimmt, müssten wir von der Laser-Linien-Triangulation sprechen, doch um es einfacher zu halten, beschränkten wir uns auf das kürzere Wort.

Stellen Sie sich vor, der Sensor ist wie ein Auge, das auf das Werkstück schaut und die Oberfläche betrachtet. Hierzu projiziert der Sensorkopf einen feinen, roten Laserstrahl auf die Werkstückoberfläche, der dort eine Linie bildet.

iST_ARC_30_detail_in_action_1Das Licht wird reflektiert und eine spezielle Kamera im Sensorkopf nimmt diese reflektierte Linie aus einem bestimmten Winkel auf. Durch den Winkel, unter dem die Kamera den Strahl einfängt, kann sie die genaue Position und Form der Linie auf dem Werkstück erkennen. Da der Abstand und Winkel (Triangulationswinkel) zwischen Kamera und Laserprojektor fest sind, weiß die Kamera genau, wie weit sie vom Laser und vom Werkstück entfernt ist. Dadurch kann sie aus der Verzerrung der reflektierten Linie Rückschlüsse auf die genaue Position und Form der Schweißnaht ziehen. Auf diese Weise erfasst der Sensor in Echtzeit Daten über die Fuge – also ihre Position, Breite und Tiefe – und leitet diese an die Steuerung der Schweißanlage weiter. Die Schweißanlage nutzt diese Informationen, um den Schweißbrenner optimal entlang der Naht zu steuern und eventuelle Abweichungen sofort auszugleichen.

Zusammengefasst bedeutet das:

  • Projektion: Ein Laserstrahl wird als Linie auf das Werkstück projiziert und reflektiert.
  • Erfassung: Die Kamera erfasst das reflektierte Licht und auftretende Abweichungen. Aus diesen Daten werden Abstände und Formänderungen berechnet.
  • Anpassung: Die Daten werden in Echtzeit an die Steuerung übermittelt, die Abweichungen sofort ausgleichen kann.

Illustration_Prinzip_Messsystem_DE

Eine Linie oder doch besser drei? Die Unterschiede auf den Punkt

In der Welt der Lasertriangulation haben sich zwei Ansätze etabliert: Sensoren mit einer Linie und mit drei Linien.

1 vs. 3 Linien Sensoren_VergleichBeide Methoden haben spezifische Vor- und Nachteile und eignen sich jeweils für unterschiedliche Einsatzgebiete. Letztlich hängt die Wahl des Verfahrens davon ab, wofür Sie den Sensor benötigen. Also von der konkreten Schweißaufgabe, dem Bauteil und den Anforderungen an die Präzision der Naht.

Um Ihnen einen besseren Überblick zu geben, möchten wir die beiden Verfahren miteinander vergleichen sowie die jeweiligen Vor- und Nachteile erläutern.

Drei Linien: mehr Daten, mehr zum Verarbeiten

Vorteile:

  • Höhere Verlässlichkeit: Drei Messungen pro Bild können für höhere Messsicherheit sorgen.
  • Schnelle Messungen: Potenziell höhere Messrate als bei einer Linie. Theoretisch nützlich, aber für die meisten Robotersteuerungen nicht nutzbar.

Nachteile:

  • Komplexe Schnittstellenanforderungen: Robotersteuerungen können oft nur die Informationen einer Linie verarbeiten.
  • Geringere Flexibilität: z. B. für kleinere Bauteile nicht gut geeignet, da alle drei Linien auf der zu schweißenden Fuge positioniert sein müssen.

Eine Linie: flexibel und effizient

Vorteile:

  • Kompatibilität mit Industrierobotern: Die meisten Robotersteuerungen können die Daten problemlos verarbeiten.
  • Effizient und schnell: Sensoren mit einer Linie liefern genug Messungen, um die Robotersteuerung in Echtzeit anzupassen.
  • Flexibilität: Besonders gut geeignet für kleinere und komplexere Bauteile.

Nachteile:

  • Reflexion: Bei sehr stark reflektierenden Oberflächen können Messungen ungenauer werden. Eine präzise Parametereinstellung kann erforderlich sein.

Die nachfolgende Tabelle bietet eine umfassende Gegenüberstellung der zentralen Unterschiede zwischen einem Sensor mit einer Linie, wie dem Schweißnahtführungssensor iST ARC von ABICOR BINZEL, und einem mit drei Linien:

Comparison_table_1_vs_3_lines_DE

Comparison_pictures_1_vs_3_lines_DE

Zusätzliche Überlegungen

Der Unterschied zwischen 1-Linien- und 3-Linien-Sensoren hat viel mit den Anwendungsbereichen und technischen Einschränkungen zu tun. Sensoren mit drei oder auch fünf Linien wurden ursprünglich für Anwendungen entwickelt, bei denen es mehr um Geschwindigkeit als um Präzision geht. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die zusätzlichen Informationen aus drei oder mehr Linien oft nicht genutzt werden können.

Der Grund: Die meisten Standard-Industrieroboter wie z. B. ABB, Fanuc, KUKA oder Yaskawa sind darauf ausgelegt, die Daten eines 1-Linien-Sensors zu verarbeiten. Zusätzliche Messungen aus mehreren Linien an die Steuerung zu übermitteln, bringt daher kaum Vorteile, da nur eine begrenzte Anzahl von Messungen pro Sekunde verarbeitet werden kann.

Darüber hinaus nutzt ein 1-Linien-Sensor die gesamte verfügbare Laserleistung, wodurch die Signalstärke höher ist als bei einer Aufteilung auf drei Linien. Dies kann vorteilhaft sein, wenn mit einer sehr hohen Lichtbogenintensität zu rechnen ist, die das Sensorsignal teilweise überstrahlt. Solche Bedingungen treten beispielsweise beim Plasmaschweißen oder Hochleistungs-MAG-Schweißen auf.

Zudem verfügen moderne 1-Linien-Sensoren über Softwarefilter, die sicherstellen, dass Messungen konsistent bleiben. Diese Filter erkennen und korrigieren Fehlmessungen beispielsweise über Heftnähten, sodass in der Regel eine Linie ausreicht, um präzise und verlässliche Ergebnisse zu erzielen. Ein weiterer Punkt: Während ein 3-Linien-Sensor zusätzliche Messungen zur Plausibilitätsprüfung bietet, sind diese nur nützlich, wenn alle drei Linien gleichzeitig die Schweißnaht erfassen können – was bei kleineren oder komplexeren Bauteilen oft nicht möglich ist.

Tipp: Berücksichtigen Sie bei der Auswahl des Sensors nicht nur die technischen Spezifikationen, sondern auch die Anforderungen Ihrer Anwendung. In den meisten Fällen kann ein gut abgestimmter 1-Linien-Sensor alle relevanten Informationen liefern, ohne dass die zusätzliche Komplexität eines 3-Linien-Sensors notwendig ist.

Fazit

Die Wahl zwischen einem 1-Linien- und einem 3-Linien-Sensor hängt stark vom Einsatzgebiet ab. Für die meisten Prozesse beim Roboter-Lichtbogenschweißen bringt der 1-Linien-Sensor jedoch die besseren Voraussetzungen mit: Er ist effizient, flexibel und liefert die Daten in einer Geschwindigkeit, die auch die Robotersteuerung verarbeiten kann. Während die 3-Linien-Messung potenziell mehr Informationen liefern kann, fehlen oft die Schnittstellen, um diese auszuwerten. Außerdem können zusätzliche Softwareoptionen viele Aufgaben des 3-Linien-Sensors übernehmen.

Welche Erfahrungen haben sie schon mit optischer Nahtführung gemacht? Teilen Sie gerne Ihre Gedanken in den Kommentaren oder kontaktieren Sie uns!

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Themen: Optische Nahtführung, Roboterschweißen