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So schweißt man Aluminium richtig

Geschrieben von Jörg Reips | 30.04.2020 11:18:01

Worauf es beim Alu-Schweißen wirklich ankommt

Rahmen von Fahrrädern oder Motorrädern, Aufleger bei LKWs, Profile von Schienenfahrzeugen, Werkstoffe in der Raumfahrt – Aluminium ist DAS Material, wenn es darum geht, Gewicht zu reduzieren und trotzdem Stabilität zu erreichen. Außerdem ist eine schön geschweißte Aluminiumnaht eine echte Augenweide.

Durch seine geringe Dichte und gute Festigkeit ist Aluminium aus der modernen Produktion nicht mehr wegzudenken. Neben all den Vorzügen gibt es beim Verarbeiten dieses Metalls jedoch auch einiges, was recht tricky ist. Jeder, der schon einmal unbeabsichtigt ein Loch in sein Aluminiumblech gebrannt hat, weiß, wovon wir sprechen. Das Schweißen von Aluminium erfordert besondere Kenntnisse und Fertigkeiten. Lesen Sie hier, worauf es beim Alu-Schweißen ankommt und wie Sie Aluminium richtig schweißen.

Was Aluminiumschweißen so schwierig macht

Aluminium hat eine Eigenschaft, die das Schweißen dieses Metalls so schwierig macht: Sobald Aluminium nämlich der Umgebungsluft ausgesetzt wird, bildet es eine hauchdünne Schicht Aluminiumoxid. Sie ist es, die dem Metall das unverkennbare silbergraue Aussehen verleiht. Sie ist es aber auch, die das Aluminium korrosionsbeständig gegenüber Wasser, Sauerstoff und sogar vielen Chemikalien macht. Sie schützt also sozusagen das Aluminium. Dieser Schutz muss daher zuallererst sprichwörtlich »geknackt« werden, denn wie ein fester Panzer hindert die Oxidschicht den Lichtbogen und das Schmelzbad daran, eine Verbindung einzugehen.

Die Oxidschicht hat eine Schmelztemperatur von 2050° C, Aluminium selbst schmilzt bei ca. 660° C. Man müsste also eine dreimal höhere Temperatur auf die Oberfläche aufbringen, um die Oxidschicht allein durch Schweißen zu knacken. Mit einer solch hohen Energieeinkopplung ist die Gefahr groß, dass das Aluminium darunter direkt wegschmilzt, sobald die Oxidschicht durchbrochen ist. Aus diesem Grund ist es unerlässlich, dass Aluminium für einen Schweißprozess vorbereitet werden muss: Die Oxidschicht muss runter.

Wenn Sie die folgenden 5 Punkte beachten und umsetzen, machen Sie alles richtig beim Aluminiumschweißen

1. Richtig vorbereiten

Bevor es an die Oxidschicht geht, muss jegliche Art von Verschmutzung wie Schmiere oder Öl vom Werkstück entfernt werden. Für das Schweißen von Aluminium ist eine saubere Oberfläche des Werkstücks Grundvoraussetzung für ein gutes Schweißergebnis. Nehmen Sie dazu am besten ein Mikrofasertuch, das Sie zuvor mit Lösungsmitteln – wie zum Beispiel Butanol, Aceton oder Lackverdünner – getränkt haben. Sorgen Sie dafür, dass keine Verschmutzung zurückbleibt, denn diese würde sich beim Schweißprozess leicht einbrennen und im Nachhinein schwieriger zu entfernen sein.

Sind jegliche Schmier- und Fettrückstände beseitigt, können Sie sich an das Entfernen der Aluminiumoxidschicht machen. Zum einen geht das gut mithilfe einer Bürste oder eines Vlieses, also mechanisch. Eine Bürste hinterlässt in dem weichen Alu Kratzer, die oft nicht gewünscht sind und außerdem nicht schön aussehen. Wir empfehlen stattdessen besser ein Kunststoffvlies zu verwenden, das im Kunststoff gebundene Partikel enthält, mit denen die Schicht vergleichsweise sanft abgearbeitet werden kann. Da Aluminium je nach Umgebungsbedingung schon nach wenigen Minuten erneut oxidiert, müssen Sie das ganze Vorbereitungsprozedere eventuell mehrmals durchlaufen. Schwarze, rußige Rückstände nach dem Schweißen auf dem Metall lassen auf Verunreinigungen entweder aus dem Gas, dem Grundwerkstoff oder dem Schweißdraht schließen. Reinlichkeit beim Aluminiumschweißen wird also großgeschrieben.

Zum anderen lässt sich die Oxidschicht auch im Schweißprozess aufbrechen durch das Schweißen mit Wechselstrom, wo zwischen positiver und negativer Halbwelle gewechselt wird. Mit der positiven Halbwelle wird die Oxidschicht aufgebrochen. Mit der negativen Halbwelle wird die Einschweißtiefe, der sog. Einbrand, erzielt. Dabei kühlt die Elektrode auch wieder ab. Somit ergibt sich eine ideale Kombination der beiden Halbwellen beim Wechselstromschweißen. 

Speziell beim WIG-Schweißen mit Wechselstrom muss noch eine weitere Sache beachtet werden: Mit der Elektrode schweißen Sie eine Kugel vorne drauf, die sogenannte Kalotte. Mit dieser können Sie die aufgeschmolzene Oxidschicht wie Schollen vorantreiben, sodass diese nicht in die Schweißnaht gelangen.

Sollten Sie dickere Bleche – etwas mehr als 10 mm – Aluminium schweißen wollen, empfehlen wir das Vorwärmen des Werkstücks. Ohne Vorwärmen ginge dann beim Schweißen selbst zu viel Wärme aus dem Prozess in das Werkstück, was das Entstehen der Schweißnaht deutlich erschweren würde.

2. Die Wahl des Schweißbrenners

Aluminium lässt sich mit unterschiedlichen Verfahren schweißen, nämlich WIG, MIG und Plasma. Das WIG-Schweißverfahren mit Wechselstrom kommt meist bei dünneren Blechen zum Einsatz. Besonders Stumpfverbindungen lassen sich gut mit einem WIG-Brenner schweißen. Wenn Sie beispielsweise zwei 2 mm dicke Bleche Alu miteinander verbinden möchten, müssen Sie darauf achten, dass auf der Rückseite die Kante gebrochen wird. Erst dann entsteht unten eine schöne Wurzel, eine ordentliche Benetzung des Schweißguts und eine hochwertige Schweißnaht. Dickere Bleche werden vorzugsweise mit dem MIG-Schweißverfahren verarbeitet, weil man mit diesen Brennern eine größere Abschmelzleistung durch den Draht bewirken kann. Vor allem für Kehlnähte eignen sich MIG-Brenner sehr gut, um den Schweißzusatz richtig einzubringen. Das Plasma-Schweißverfahren mit Gleichstrom hat den Vorteil, dass die Wärme gezielt in das Werkstück eingebracht werden kann, allerdings ist es ein sehr anspruchsvolles Verfahren.

Noch ein Tipp: Wenn Sie mit einem MIG-Schweißbrenner Aluminium schweißen, ist es vorteilhaft, einen gebogenen Brennerhals mit einer Biegung von mindestens 22 Grad zu nutzen. Damit haben Sie immer eine Zwangskontaktierung, die den Draht besser laufen lässt und einen guten Stromübergang gewährleistet.

Aluminium kann man außerdem noch mit Laser und Laser-MIG Hybridprozess schweißen. Das am meisten angewendete Verfahren für das Schweißen von Aluminium ist jedoch das WIG-Verfahren mit Wechselstrom.

3. Spezielle Ausrüstteile für Aluminiumschweißen

Mit dem MIG/MAG-Schweißverfahren:
Auch das Bestücken des Brenners mit den richtigen Verschleißteilen für das Aluminiumschweißen darf nicht vergessen werden. Ein oft begangener Fehler ist bespielsweise, dass ein Liner eingesetzt wird, der aus Stahl besteht. Beim Fördern des Drahts würde dieser jedoch überall am Stahl des Liners reiben und unbeabsichtigt Stahlpartikel mit ins Schmelzbad fördern. Wir empfehlen für das Schweißen mit Aluminiumdraht einen speziellen Liner aus Kohle-PTFE, der durch seinen Graphitanteil eine bessere Gleitfähigkeit ermöglicht. Die verwendete Stromdüse muss einen größeren Durchmesser haben als beim Schweißen von anderen Materialien, weil sich Aluminium als sehr guter Wärmeleiter stärker ausdehnt als beispielsweise Draht aus Stahl. Andererseits könnte es zu Drahtförderschwierigkeiten kommen oder zum Rückbrand. Beim Alu-Schweißen ist solch ein Rückbrand ständig gegeben, was den Oxiden auf der Oberfläche geschuldet ist. Diese wirken nämlich wie ein Isolator, der den Stromfluss vom Draht auf das Werkstück unterbricht. Wenn dann der Draht weiter durch den Brennerkopf gefördert wird, zerstört das die Verschleißteile. Noch ein Grund, weshalb die Oxidschicht unbedingt entfernt werden muss.

Mit dem WIG-Schweißverfahren:
Wichtig beim Aluminiumschweißen in Wechselstrom mit dem WIG-Verfahren ist die richtige Wahl der Wolframelektrode, denn es dürfen keine Oxide eingeschlossen werden. Aus diesem Grund sollten Sie hierfür die undotierte, grüne Elektrode aus reinem Wolfram speziell für das Schweißen von Aluminiumlegierungen verwenden, die eine gute Lichtbogenstabilität gewährleistet. Allerdings können die Wolframbestandteile der Elektrode emittieren, was wiederum das Grundmaterial verunreinigen kann, indem es zu kleinen Ansammlungen von Rückständen in der Schweißnaht kommt. Sehen kann man das durch kleine weiße Punkte, was ein Indiz für einen Bindefehler ist. Hier kommt dann das zuvor erwähnte Anschweißen einer Kalotte zum Tragen, um die Oxide wie Schollen vorwegzuschwemmen. Als Alternative zur reinen Wolframelektrode eignet sich die lilafarbene E3® aus seltenen Erden bzw. Mischoxiden. Sie besteht aus Wolfram als Trägermaterial und außerdem noch Lanthan als Dotierungselement. Dazu kommen die seltenen Erden wie beispielsweise Ytrium, die der E3® ihre herausragende Stabilität geben.

4. Draht und Drahtbeförderung

Da das Metall Aluminium sehr weich ist, müssen nicht nur spezielle Verschleißteile für Aluminiumschweißen eingesetzt werden, sondern spezielle Transportrollen für den Drahtvorschub vom Schweißgerät aus. Diese sollten eine U-Nut haben, um einer Verformungsgefahr vorzubeugen. Es ist schon schwierig, einen Aluminiumdraht über drei und mehr Meter zu fördern. Bei einer mechanisierten Schweißung eignen sich Push-Pull-Systeme sehr gut, bei denen der Schweißbrenner einen Antrieb hat und den Draht zieht und ein Vorschubmotor im Schweißgerät den Draht nach vorne transportiert.

Je nach Grundwerkstoff und gewünschten Eigenschaften der Verbindung wählt man den Zusatzwerkstoff. AlMg-Legierungen weisen eine höhere Festigkeit auf als zum Beispiel AlSi-Zusatzdrähte.

5. Das richtige Schutzgas

Als Schutzgase für das Schweißen von Aluminium kommen Edelgase zum Einsatz – Argon oder Argon-Gemische. Bis ca. 12,5 mm Blechdicke wird reines Argon verwendet. Bei dickerem Material wird das Argon mit Helium versetzt, um eine höhere Temperatureinkopplung in den Schweißprozess zu bekommen. Der Anteil des Heliums im Schutzgas variiert von 25 % bis 75 % je nach Empfehlung.

Noch ein Hinweis zum Gas:
Was Sie auch immer im Auge haben sollten, ist der Taupunkt Ihres Schutzgases. Beim Schweißen wird meist Argon 4.6 eingesetzt, was eine Reinheit von 99,996 % und damit einen Taupunkt von - 62° C hat. Solange Ihr Gaslieferant diese Spezifikationen erfüllt, haben Sie keine Probleme mit dem Gas, das direkt aus der Flasche kommt. Allerdings kann Feuchtigkeit immer einen Weg durch beispielsweise die Gasleitung in den Schweißprozess finden, was dann den Taupunkt ansteigen lässt. Überprüfen Sie also regelmäßig die Gasleitungen auf Kondensation. Sollte die Feuchtigkeit zu hoch sein, kann Kohlenwasserstoff in die Schweißnaht gelangen und diese porös machen oder anderweitig fehlerhaft.

Unsere Empfehlung zum Schweißen von Aluminium

Ist eine Schweißstation einmal auf das Schweißen von Aluminium eingerichtet, empfehlen wir, diese ausschließlich für das Aluminiumschweißen eingestellt zu belassen und für das Schweißen von Stahl eine andere Station herzurichten. Natürlich nur, wo das möglich ist. So können Sie schnell von Stahl zu Aluminium wechseln, ohne alles umzurüsten und wieder neu einstellen zu müssen. Sie wechseln einfach den Arbeitsplatz.

Und nach dem Schweißen von Aluminium

Nach dem Schweißen müssen manche Aluminiumlegierungen einen Aushärteprozess durchlaufen, dessen Aushärtegrad man beeinflussen kann. So kann man also schon bei der Wahl der Aluminiumlegierung die Aushärtbarkeit direkt beeinflussen. Zu den aushärtbaren Legierungen gehören AlZnMgCu, AlZnMg, AlMgSi und AlCuMg , während AlMn, AlMgMn, AlMg,AlSi und AlSiCu unter die nicht aushärtbaren Aluminiumlegierungen fallen. Je nach Zusammensetzung der Aluminiumlegierung, der eingebrachten Temperatur und der Temperatur während des Auslagerungsprozesses verändert sich die Gitterstruktur dieses Metalls und somit die mechanischen Eigenschaften. Um eine zu frühe Ausscheidung der gelösten Legierungselemente zu vermeiden und deren Verteilung zu steuern, muss auf die richtige Auslagerungstemperatur nach dem Schweißen von aushärtbarem Aluminium geachtet werden. Da die Auslagerungstemperatur auch die Höhe der Festigkeit beeinflusst, gilt prinzipiell: Die erzielbare Festigkeit nimmt mit steigender Temperatur ab. Das bedeutet, dass die höchste Festigkeit mit einer Kaltaushärtung – die erfolgt in der Regel bei Raumtemperatur – erzielt wird. Durch eine schlagartige Abkühlung wird jegliche Diffusion unterdrückt. Dieses sind an dieser Stelle lediglich ansatzweise Hintergrundinformationen zum Thema Auslagern von Aluminium nach dem Schweißen. Wer sich tiefer einlesen möchte, findet dazu gute Fachliteratur im Internet wie z. B. unter www.hochschule-technik.de oder www.maschinenbau-wissen.de.

Zugegeben: Aluminiumschweißen ist ein bisschen komplizierter als das Schweißen von Stahl. Wenn Sie aber unsere Tipps und Empfehlungen umsetzen, werden Sie bald zu einem echten Spezialisten für das Aluminiumschweißen.

Auch beim Schweißen von Aluminium ist Schweißrauchabsaugung ein Thema. Informieren Sie sich in unserem kostenlosen E-Book zum Thema: