Mit WIG-Schweißen lassen sich hervorragend aussehende Schweißnähte zaubern. Nicht nur die Wahl der richtigen Wolframelektrode hat einen Einfluss auf Aussehen und Qualität des Schweißergebnisses. Auch WIE die WIG-Nadel angeschliffen wird, beeinflusst die Schweißnaht enorm. In diesem Blog möchten wir Ihnen zeigen, wie Sie Wolframelektroden richtig anschleifen, damit dieses wesentliche Schweißzubehör-Teil für den WIG-Brenner seine volle Wirkung entfalten kann.
Sie haben alles hergerichtet, checken ein letztes Mal die Anschlüsse und Einstellungen am Schweißgerät und starten Ihren Schweißprozess. Es scheint, als seien alle Voraussetzungen für eine gut laufende Schweißung erfüllt, doch der Lichtbogen zündet schlecht oder ist unruhig. Woran könnte das liegen? Ist möglicherweise die Gasversorgung nicht optimal? Wenn Sie das ausschließen können, schauen Sie sich am besten einmal Ihre WIG-Nadel genauer an. Ist sie eventuell stumpf und damit abgenutzt oder macht sie sogar einen porösen Eindruck, muss sie unbedingt nachgeschliffen werden. Vielleicht haben Sie die WIG-Schweißelektrode auch erst angeschliffen und das Problem mit dem schlecht zündenden oder instabilen Lichtbogen ist auf ein falsches Anschleifen Ihrer Schweißnadel zurückzuführen.
Eine Wolframelektrode ist zwar eine sogenannte nicht abschmelzende Elektrode, doch verändert auch sie im Laufe ihres Einsatzes ihre Eigenschaften, die ihr die zugesetzten Dotierungselemente verleihen – und ihre Form. Und zwar an der Spitze, wo es heiß hergeht.
Übliche Dotierungselemente sind Oxide von Thorium, Lanthan, Cerium und Zirkonium. Ihre Aufgabe ist es unter anderem, die Elektrodenemission aus der Wolframelektrode zu erleichtern, denn das bedeutet mehr Energie im Lichtbogen, effizientere Schweißung und oft sogar auch eine höhere Schweißgeschwindigkeit. Weil eine WIG-Schweißnadel im Prozess Temperaturen von bis zu 3.000 °C und an der Spitze sogar mehr erreichen kann, wird der Schmelzpunkt von Wolfram überschritten. Zwar bedeuten, wie bereits erwähnt, hohe Temperaturen eine gute Emission von Elektroden, allerdings heißt das gleichzeitig, dass mehr Material abgetragen wird. Die zugesetzten Dotierungselemente bzw. Oxide führen auch zur Senkung der zur Emission erforderlichen Temperatur und reduzieren auf diese Art und Weise den Verschleiß der Wolframelektrode. Mehr über die Eigenschaften der verschiedenen Dotierungselemente können Sie in unserem Blog »Praxis-Tipps Schweißen: Wolframelektroden – Alles über das Schweißzubehör WIG-Nadeln« nachlesen.
Je mehr eine WIG-Nadel beansprucht wird, desto mehr emittieren die Dotierungselemente, was dazu führt, dass die Schweißnadel beispielsweise nicht mehr gut zündet oder der Lichtbogen instabil wird. Erkennbar macht sich das außerdem daran, dass die Elektrodenspitze porös und offenporig wird, was die folgende Abbildung sehr schön verdeutlicht.
Diese Abbildung zeigt die starke sogenannte Verarmung von Lanthanoxid an der Spitze einer gebrauchten Wolframelektrode (WL 20). Quelle: Andreas Endemann, Weldstone Components GmbH
Wenn Sie also möglichst lange etwas von Ihrer Wolframelektrode haben wollen, müssen Sie wissen, dass das Dotierungselement langsam aus der Spitze der WIG-Schweißnadel verdampft. Mit dem Auswaschen oder Verdampfen des Dotierungselements diffundiert nämlich auch die Dotierung aus dem Kern der Elektrode langsamer zur Spitze. Ideal ist also eine Wolframelektrode, deren zugesetzte Oxide möglichst lange erhalten bleiben. Die E3®-Wolframelektrode von ABICOR BINZEL mit dem Oxidzusatz aus Seltenen Erden ist beispielsweise deutlich stabiler als die Elektrode mit Ceriumoxid, was vergleichsweise schnell verdampft. Mit einer E3®-Schweißnadel sind Sie also wesentlich länger glücklich und müssen auch in bedeutend längeren Zeitabständen die Wolframelektrode anschleifen.
Ein Phänomen, was sich ebenfalls an Wolframelektroden beobachten lässt, ist die sogenannte Kranzbildung. Vielleicht haben Sie auch schon einmal gesehen, wie sich rings um die geschliffene Elektrodenspitze viele kleine Zacken gebildet haben. Man könnte vermuten, dass das mit den Eigenschaften von Wolfram zusammenhängt, doch damit hat das nichts zu tun. Hierbei handelt es sich vielmehr um Folgen einer Oxidation mit Sauerstoff, der Sublimation – also dem Phasenübergang vom festen in den gasförmigen Zustand – und der anschließenden Dissoziation (Teilung der chemischen Verbindung in zwei oder mehrere Moleküle) der entstehenden Oxide. Durch das Wolframelektroden-Anschleifen lassen sich diese Materialkränze ohne Probleme wieder entfernen.
Wolframelektroden anschleifen ist also unabdingbar für beste Schweißergebnisse!
Beim Anschleifen einer Wolframelektrode müssen allerdings ein paar wesentliche Dinge beachtet werden. Diese haben wir Ihnen hier zusammengestellt.
Schaut man sich eine Wolframelektrodenspitze einmal stark vergrößert an, erkennt man deutlich die sogenannte Körnung im Material, die sich durch helle und dunkle Bereiche kennzeichnet. Jede Grenze von einem Bereich in den anderen stellt die Korngrenze dar. Wolframelektroden haben bei mechanischer Beanspruchung entlang der Korngrenze ihre »Achillessehne«. Das bedeutet: Eine abgekniffene oder abgerochene WIG-Nadel ist an den Korngrenzen geschwächt. Wird diese nun angeschliffen, passiert etwas ähnliches, was man im übertragenen Sinn vom Bleistiftspitzen mit einem stumpfen Spitzer kennt: Das Material reißt unschön auf.
Durch die Hitze beim Schweißen können sich im Fall von Korngrenzschädigungen Risse an der Spitze bilden. Beim Anschleifen der WIG-Nadel müssen Sie also sehr sorgfältig vorgehen, damit die Korngrenze nicht beschädigt wird. Auch der Druck durch den Anschliff darf nur leicht sein. Ist der Druck zu groß, kommt es zu einem Wärmestau, was wiederum die Korngrenze schädigen kann.
Mit einem Winkelschleifer, Schleifstein oder Schleifmop – es gibt die abenteuerlichsten Ansätze, Wolframelektroden manuell zu schleifen. Versuchen Sie auf jeden Fall nicht, die Wolframelektrode freihändig anzuschleifen! Für ein gutes Schweißergebnis muss die Spitze konzentrisch sein und die geschliffene Oberfläche glatt. Selbst bei sehr ruhiger Handführung würden Sie niemals einen perfekten Wolframelektrodenschliff erhalten. Und dies ist besonders wichtig, wenn die Schweißnaht anspruchsvoller ist. Außerdem gelingt ein Anschliff per Hand niemals ein zweites Mal exakt gleich. Wiederholbare Parameter sind aber das A und O für gleichbleibend gute bzw. hohe Qualität.
Beim Spitzen der WIG-Nadel ist die Schleifrichtung entscheidend: Ist der Schliff quer, also radial zur Schweißnadel, wird ein breiter Lichtbogenkegel erzeugt. Die Einbrandtiefe ist dann geringer, was daraufhin zu Wurzelbindefehlern führt, beispielsweise bei einem i-Stoß. Ist der Schliff dagegen längs zur Elektrode, also axial, wird der Lichtbogen fokussierter, ermöglicht einen tieferen Einbrand und macht es dem Schweißer damit leichter, die Energie punktgenau einzubringen.
Es gibt eine Faustformel: Die Spitze der Wolframelektrode sollte doppelt so lang sein wie ihr Durchmesser.
Das beste Schweißergebnis bekommen Sie mit dem richtigen Anschleifwinkel. Je spitzer die WIG-Nadel angeschliffen wird, desto gezielter und schmäler ist der Einbrand. Gleichzeitig ist allerdings auch die Belastung auf die Elektrodenspitze extrem hoch, was deren Standzeit wiederum einschränkt. Bei extrem spitzen Winkeln kann es zur Überlastung der Elektrodenspitze kommen und Wolfram ins Schweißbad gelangen und dieses daraufhin verunreinigt. Wird die Wolframelektrode dagegen stumpf angespitzt und schweißt man mit ihr bei gleichem Schweißstrom wie mit der spitz angeschliffenen Elektrode, ist der Einbrand breiter und weniger fokussiert. Wir empfehlen einen Anschleifwinkel von ungefähr 30° für WIG-Nadeln, um die besten Schweißergebnisse zu erzielen.
Wir empfehlen, die Spitze der Wolframelektrode nach dem Anschleifen abzuflachen bzw. abzustumpfen. Richtwert dafür ist ca. zehn Prozent des Elektrodendurchmessers – eine Elektrode mit einem Durchmesser von 1,6 mm hat dann eine stumpfe Spitze von ca. 0,15 mm. Die abgeflachte Spitze beeinflusst den Elektrodenaustritt günstig, weil damit verhindert wird, dass Partikel aus der Wolframelektrodenspitze ausbrechen. Außerdem wird durch einen Planschliff der Spitze die Elektrode weniger belastet und damit die Standzeit dieses Verschleißteils verlängert.
Beim Schweißen mit Wechselstrom verhält sich das Anschleifen einer Wolframelektrode anders: Statt spitz wird die Schweißelektrode flach angeschliffen, damit sich eine Kalotte bilden kann. Diese kugelige Form kann leichter erzeugt werden, wenn die Elektrode angefast oder mit 45° angeschliffen wurde. Wenn man bei einer dotierten Wolframelektrode wie beispielsweise der E3® merkt, dass sie schlecht zündet – was am Verarmen der Dotierungselemente liegt – kürzt man die Schweißelektrode um mindestens die Kalottenlänge zurück und fast sie, wie eingangs erwähnt, an. Ein kleiner Tipp hierzu, um eine schöne Kalotte zu bekommen: Mit der einen Hand den Brenner halten und den Lichtbogen zünden, mit der anderen Hand an der Stromquelle dabei kurz den Strom erhöhen … und es gibt eine 1A-Kalotte.
Wenn man merkt, dass die Kalotte deutlich größer ist als der Elektrodendurchmesser, dann ist der Schweißstrom zu groß für diese Elektrode und man sollte den nächstgrößeren Durchmesser nehmen.
Zu niedrig richtig zu hoch
Schleifstein, Winkelschleifer, Schleifmop … diese Geräte sollten Sie zum Wolframelektroden Anschleifen am besten nicht nehmen. Obwohl das manuelle Schleifen mit solchen Helferlein sehr weit verbreitet ist und für kleine Werkstätten ausreichend sein mag, empfehlen wir das Anschleifen der Elektrode mit einem Wolframelektroden-Schleifgerät. Hierfür gibt es gute Geräte auf dem Markt, die sich als Investition auf jeden Fall lohnen, wenn man top Schweißergebnisse erzielen will.
Die automatisierten Schleifgeräte für WIG-Elektroden gibt es als Trockenschleifgeräte und als Nassschleifgeräte. Müssen Sie sehr oft Ihre Schweißnadeln schleifen, ist das Nassschleifgerät empfehlenswert, weil dieses zusätzlich kühlt. Durch die Reibung an der Schleifscheibe kann man bei Trockenschleifgeräten nämlich kleine Funken sprühen sehen während des Schleifprozesses, was bei nicht so häufigem Schleifen allerdings kein Problem darstellt. Das Wolframelektroden Schleifen selbst ist in wenigen Handgriffen erledigt und eine sichere Sache – auch unter gesundheitlichem Aspekt, denn der Schleifstaub wird im Gerät aufgenommen und gelangt nicht in die Atmungsorgane des Schweißers.
Wir zeigen Ihnen hier das Elektrodenschleifen mit einem Trockenschleifgerät in 5 einfachen Schritten.
1.
Die WIG-Nadel in der im Schleifgerät integrierten Spannvorrichtung einspannen und für das Schleifen vorbereiten.
2.
Den Anschleifwinkel einstellen.
3.
Das Gerät anschalten, die Wolframelektrode in das Schleifgerät einführen und festhalten.
4.
Während des Schleifvorgangs die WIG-Nadel regelmäßig drehen, bis kein Widerstand mehr zu spüren und zu hören ist.
5.
Die Schweißelektrode entfernen und Ergebnis prüfen. Je spitzer die Nadel, desto fokussierter und tiefer der Einbrand.
Sie sehen also: Wolframelektroden anschleifen hat einen maßgeblichen Einfluss auf den Schweißprozess und das Schweißergebnis. Was haben Sie schon erlebt bzw. was sind Ihre Erfahrungen beim Anschleifen von WIG-Nadeln? Teilen Sie uns das hier gerne mit.
Wenn Sie mehr über WIG-Schweißnadeln wissen möchten, holen Sie sich hier mehr Informationen zu diesem wichtigen Schweißzubehör.
Happy Welding!
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