Horrende Strom- und Gasrechnungen, immer teurer werdende Lebensmittel, unbezahlbare Handwerkerdienstleistungen … die aktuelle Situation ist Gesprächsthema Nummer eins mit dem Nachbarn und in den Medien. Als Bürger spart man, wo man nur kann und verzichtet auf vieles, was bisher selbstverständlich war. In der Industrie sucht man stetig nach Sparmaßnahmen, die die Produktion jedoch nicht einschränken dürfen. Schweißfachbetriebe und andere produzierende Unternehmen, die Schweißfachkräfte beschäftigen, sind da nicht ausgenommen. Wo lässt sich beim Schweißen sparen, wenn unter keinen Umständen die Qualität der Produkte leiden darf? Es gibt einen Ansatz, der oft nicht als Einsparpotenzial erkannt wird: Schutzgas.
Beim Metall-Schutzgasschweißen werden überwiegend Gasgemische aus Argon und CO2 eingesetzt. Diese sind zwar keine fossilen Gase wie ein Erdgas, welches zum Heizen benutzt wird und über Pipelines nach Europa gelangt, doch benötigt man für deren Herstellung Strom. Durch die massive Verteuerung des Stroms sind entsprechend auch die Schutzgase deutlich teurer geworden.
Das gängigste Verfahren zur Herstellung von Argon ist die sogenannte Luftverflüssigung, auch Linde-Verfahren genannt. Diese technische Methode der Gastrennung wurde im Jahr 1895 von Carl von Linde entwickelt und patentiert. Damit Luft verflüssigt werden kann, um die einzelnen atmosphärischen Gase wie Sauerstoff, Stickstoff, Argon sowie andere Edelgase zu gewinnen, muss sie von Raumtemperatur stark abgekühlt werden. Für diesen sehr hohen Entzug von Energie wird viel Strom benötigt. Die Herstellung von Argon ist also nur mit sehr hohem Stromverbrauch realisierbar.
Ein anderes beim Metall-Schutzgasschweißen eingesetztes Schutzgas ist Helium, was beispielsweise für das WIG-Schweißen und für das Plasmaschweißen verwendet wird. Unter den Schweißverfahren sind diese jedoch eher Nischenverfahren. Aktuell ist Helium nur sehr begrenzt verfügbar – und somit besteht ebenfalls eine Preissteigerung. Es macht also durchaus Sinn, den Schutzgasverbrauch näher zu betrachten und zu schauen, wo man Gas sparen kann.
In jedem Unternehmen wird nach Potenzialen zum Kosten senken gesucht. Ob sich Gas als Einsparpotenzial lohnt, zeigt ein Blick auf die Gesamtkosten eines Schutzgasschweißprozesses: Der größte Anteil mit ungefähr 80 % besteht aus Personalkosten. Als Mittelwert verursacht Schutzgas 10–15 % der Gesamtkosten, der Rest der Kosten verteilt sich auf Zusatzwerkstoffe und die Energie für den Schweißprozess selbst.
Schutzgas stellt in der Tat ein merkliches Einsparpotenzial dar, das größtenteils noch nicht als solches erkannt wurde.
In der Praxis wird Schutzgas regelrecht verschwendet. Eine Ursache dessen ist die unter Schweißerinnen und Schweißern gängige Einstellung »viel hilft viel«. Die Schweißstelle muss vor Oxidation geschützt werden, denn zu wenig Gasabdeckung führt zu Porenbildung. Die geschweißte Verbindung ist geschwächt, das Bauteil muss teuer nachgearbeitet werden oder ist Schrott. Wird beim Schweißen von Edelstahl – der sehr gerne dort verwendet wird, wo Optik eine entscheidende Rolle spielt – die Schweißnaht nicht ausreichend vor Sauerstoffzutritt geschützt, entstehen unschöne Anlauffarben, die man ebenso vermeiden möchte. Statt eine ungenügende Schutzgasabdeckung zu riskieren, stellen viele Schweißfachkräfte oder Bediener von Roboterschweißanlagen die Durchflussmenge von Schutzgas eher zu hoch ein.
Für jeden Schweißprozess gibt es eine empfohlene Schutzgasmenge als Richtlinie. Das bedeutet, je nach eingestellter Stromstärke und auch abhängig vom Gasdüsendurchmesser wird eine bestimmte Schutzgas-Durchflussmenge in Liter pro Minute empfohlen. Liegt die Empfehlung beispielsweise bei 15–20 Litern pro Minute, wird häufig der Durchfluss auf 20 Liter pro Minute voreingestellt. Diese Tatsache stellt die eigentliche Verschwendung dar.
Die empfohlene Durchflussmenge an Schutzgas zumindest nicht zu überschreiten, bietet bereits eine Menge Potenzial zum Gas sparen. Doch wird sich hiermit keine Schweißfachkraft näher beschäftigen, wenn sie mit »viel hilft viel« eine ausreichende Gasabdeckung gewährleisten kann. Eine von Praktikern akzeptierte Lösung zum Gas sparen muss einfacher sein.
Gasflaschen zum Schutzgasschweißen haben einen immensen Druck. Eine volle 20-Liter-Flasche Schutzgas unterliegt bei ca. 20 °C Lufttemperatur einem Druck von 200 bar. Dieser Druck wird durch einen Druckminderer, der zwischen Gasflaschenauslassventil und Gasschlauch des angeschlossenen Schweißgeräts bzw. der Stromquelle installiert ist, auf ca. 20 bar heruntergeregelt. Diese 20 bar lasten nun auf dem Magnetventil, das im Schweißgerät verbaut ist und dafür sorgt, dass beim Schweißen der Gaszufluss öffnet und schließt.
Bei jedem Start eines Schweißprozesses wird also das Magnetventil an der Stromquelle geöffnet und die 20 bar wollen entweichen. Im Moment des Öffnens entsteht dabei ein Anfangsgasstoß – auch Anfangs-Peak genannt – und lässt schon eine Menge an Schutzgas ausströmen, ohne, dass es dem Prozess dient. Dieser Gasverlust kann vermieden werden, indem man zum Beispiel ein mechanisches Gasspar-System installiert. Hiermit können bereits Einsparungen von 10 bis maximal 20 Prozent erreicht werden.
Beim Schweißen eines komplexen Bauteils müssen meist auch unterschiedliche Schweißnähte ausgeführt werden. Es gibt Schweißnähte, die beispielsweise mit 300 Ampere geschweißt werden müssen, für andere wiederum genügen 150 Ampere. Für das Handschweißen bedeutet das, man sollte auch das Schutzgas passend zur Stromstärke einstellen, wenn man Schutzgas sparen möchte. Die gelebte Praxis zeigt jedoch, dass das Schutzgas für alle Schweißnähte gleich von Beginn an auf die höchste Stromstärke eingestellt wird.
Möchte man diese Technik beim Roboterschweißen umsetzen, bedeutet das, den Schweißroboter für jede Naht aufwendig programmieren zu müssen. Dies wird zum Teil auch gemacht, allerdings bedeutet das einen hohen Zeitaufwand. Auch hier gelingt Gas sparen nur mit einer automatisierten Lösung, um es produzierenden Unternehmen so leicht wie möglich zu machen.
Beim Schweißen von Bauteilen mit mehreren Schweißnähten, wo der Schweißbrenner zwischendurch immer wieder abgesetzt und gestoppt wird, schließt natürlich auch das Magnetventil an der Stromquelle und das Schutzgas hört auf zu strömen. Allerdings ist dies ein verzögerter Prozess, was bedeutet, dass auch dann immer noch etwas Schutzgas nachfließt. Wer auch hier Gas sparen möchte, verwendet ein elektronisches Ventil, das sehr schnell öffnet und schließt.
Angesichts der steigenden Energiepreise müssen Betriebe neue Wege zum Energiesparen finden. Stark reduzierter oder komplett entfallender Anfangsgasstoß, stromstärkenabhängige Schutzgasmenge und sehr schnelles Schließen des Gasventils sind also Ansatzpunkte, mit denen man beim Schutzgasschweißen Gas sparen kann. Eine elegante Lösung für alle drei Ansätze zum Gas sparen für sowohl das Handschweißen als auch für das Roboterschweißen sind Gas-Management-Systeme – wie das EWR 2 von ABICOR BINZEL. EWR steht für Electronic Welding Regulator und das ist genau das, was dieses System macht: Es regelt elektronisch den Gasverbrauch, indem es einfach zwischen dem Magnetventil der Stromquelle und dem Schweißbrenner in den Gaskreislauf eingebaut wird.
Das EWR 2 Gas-Management-System ist eine stromstärkeabhängige Gasregelung und eine patentierte Technologie, die es ermöglicht, die Gaskosten beim Schweißen um 50 bis 60 Prozent zu senken.
Das Gas-Management-System EWR 2 misst mithilfe eines Mess-Shunts am Schlauchpaket die die Stromstärke und gibt dieses Signal an das System. Das elektronische Ventil ist in der Lage, extrem schnell auf die Stromstärke zu reagieren und sich entsprechend zu öffnen oder zu schließen. Der Anfangsgasstoß wie auch der Gasnachlauf werden vermieden.
Wer seinen Gasverbrauch dokumentieren und diese Daten abrufen möchte, kann das ebenso mit dem Gas-Management-System EWR 2. Mit einem Klinkensteckeranschluss lässt sich das EWR 2 mit einem Computer verbinden. Die darauf eingespielte Service-Software ermöglicht das Abbilden und Dokumentieren der aufgezeichneten Daten aus dem Schweißprozess.
Die während des Schweißens ermittelten Daten können bei Bedarf auch anderen Arbeitsplätzen zur Verfügung gestellt werden – mit dem EWR 2 Net. So hat beispielsweise ein Schweißfachingenieur immer den Gasfluss seines Systems im Blick. Verschiedene Anlagen können miteinander gekoppelt und die individuellen Gasverbrauche untereinander verglichen werden. Da sich das EWR 2 Net auch an eine Cloud anbinden lässt, können die Daten ebenso im Internet zur Verfügung gestellt werden. Damit hat der Anwender die Möglichkeit, seine Daten vom Hersteller des Gas-Management-Systems auswerten zu lassen, um seine Schweißprozesse weiter zu optimieren.
Die Amortisationszeit des Gas-Management-System EWR 2/EWR 2 Net von ABICOR BINZEL beträgt je nach Einsatzbedingungen und Gaspreis zwischen sechs Monate und zwei Jahre. Bei steigenden Gaspreisen verkürzt sich also die Amortisationszeit – und desto interessanter wird die Anschaffung eines solchen Systems.
Ob sich die Anschaffung eines EWR 2 für Ihren Produktionsprozess lohnt, können Sie am schnellsten mit dem EWR 2-Kalkulator von ABICOR BINZEL herausfinden. Mit nur wenigen Eingaben wie Schutzgasverbrauch pro Tag, tägliche Arbeitszeit pro Schicht, Gasart, etc. ermittelt dieser Rechner Ihren aktuellen Gasverbrauch und Ihr mögliches Einsparpotenzial für Schutzgas und CO2. Zusätzlich wird die Amortisationszeit abgebildet.
Gas sparen beim Schweißen kann so einfach sein. Ein kleines Gerät in Ihren Schweißprozess integriert und Sie können Ihre Gaskosten um bis zu 60 Prozent reduzieren. Gleichzeitig verringert sich der Ausstoß von CO2 durch weniger Transportverkehr auf der Straße, was zusätzlich einen positiven Nebeneffekt auf unsere Umwelt und den CO2-Fußabdruck hat. Jeder Schweißarbeitsplatz sollte mit einem solchen Gas-Management-System ausgestattet sein – und nicht nur in Zeiten steigender Gaspreise.
Happy welding!