ABIBLOG German

Praxis-Tipps Schweißen: Stromdüsen

Geschrieben von Markus Preis | 11.08.2020 09:00:20

Was man für den Einsatz von Stromkontaktrohr, Kontaktdüse, Kontaktrohr & Co. wissen muss

Die Stromdüse – auch contact tip, Kontaktrohr oder Stromkontaktrohr genannt – ist das kleinste, aber wichtigste Verschleißteil an einem MIG/MAG-Brenner, wobei es keinen Unterschied macht, ob es sich um einen Handbrenner, einen Automatenbrenner oder einen Roboter-Schweißbrenner handelt. Die Stromdüse hat einen ganz erheblichen Einfluss auf die Qualität des MIG/MAG-Schweißprozesses und die Standzeit bzw. die Maschinenverfügbarkeit im schweißtechnischen Fertigungsprozess.

Kaum ein Verschleißteil unterliegt einem so hohen Verschleiß und ist so nahe am Schweißprozess wie die Stromdüse. Aus diesem Grund widmen wir diesem verhältnismäßig kleinen Teil einen eigenen Blog.

Aufgabe der Stromdüse

Die Aufgabe der Stromdüse ist es, den Schweißstrom auf die Drahtelektrode zu übertragen und einen stabilen, richtungsgeführten Lichtbogen zu gewährleisten. Um das sicherzustellen, läuft durch sie schleifend der Schweißdraht. Während eines Arbeitstages laufen mehrere Kilometer Draht durch den Brenner. Dabei muss der Draht im Schlauchpaket und im Brennerhals den Reibungswiderstand überwinden.

Welche Probleme können bei der Stromdüse auftauchen?

Abhängig von Draht, Spiralen-Werkstoff und Brennerhalsaufbau entsteht Abrieb bei der Drahtförderung. Diese Partikel werden manchmal bis zur Stromdüse geführt und verursachen dort ein Zusetzen. Gerade bei harten Drähten kommt es in der Stromdüse teilweise zu einem gegenläufigen Effekt, nämlich, dass diese durch den Draht ausgeschliffen wird. Unterstützt wird dieses zusätzlich durch die Prozesswärme, die teilweise über die Stromdüse abgeleitet wird. Die Stromdüse verliert ab einer bestimmten Temperatur ihre Härte und verschleißt damit leichter.

Insbesondere bei geraden Brennerhälsen – häufig bei Maschinen- oder Roboterbrennern eingesetzt – kommt es zu Kontaktierungsproblemen in der Stromdüse, weil die Anlagefläche und Kontaktzeit zu gering sind. Dies führt dann zu sogenannten Mikrolichtbögen in der Stromdüse, die ebenfalls einen schnelleren Verschleiß verursachen. Dadurch verliert die Stromdüse – je nach Prozess und Qualität des Drahts und des Stromdüsenmaterials – mehr oder weniger schnell ihre prozessrelevanten Eigenschaften und muss entsprechend ausgetauscht werden, bevor der Schweißprozess instabil wird.

Bei instabilen Prozessen kommt es teilweise auch zu einem sprichwörtlichen Zurückbrennen des Drahts bis zur Stromdüse. Es entstehen dann sogenannte Festbrenner, die zu einem sofortigen Versagen der Stromdüse führen.

Welche Typen Stromdüsen gibt es?

Je nach Brennertyp empfehlen die Hersteller von Schweißbrennern schon im Katalog bzw. ihrer sonstigen Dokumentation eine Auswahl an passenden Stromdüsen für einen optimalen, auf den Brenner abgestimmten Schweißprozess. Grundmerkmale sind hier die Gesamtgeometrie inklusive des Gewindeanschlusses (Standard: M6, M8, M10 oder größer), die zentrale Bohrung für den entsprechenden Drahtdurchmesser und das verwendete Material. Grundsätzlich gilt hier, wie in der Schweißtechnik allgemein, dass mit der Höhe der Schweißleistung auch die Dimensionen der Stromdüse ansteigen. So kommt man bis ca. 180 Ampere Stromstärke noch mit relativ kurzen Geometrien mit Gewinde M6 gut zurecht, bei über 400 Ampere muss es dann schon eine längere Version mit Gewinde M8 oder M10 sein. Für eine ordentliche Stromübertragung und weil mehr Wärme durch den Prozess aufgenommen wird, braucht man schlichtweg diese größeren Dimensionen. Mehr Material bedeutet eben auch wärmestabiler und verschleißresistenter.

Was sind die Unterschiede zwischen günstigen und teuren Stromdüsen?

Wenn man die verschiedenen Anbieter von Stromdüsen vergleicht, fallen einem besonders bei Drittanbietern manchmal relativ hohe Preisdifferenzen zum Markenanbieter auf. Meistens wird hier billigeres Recyclingkupfer verwendet, was aufgrund niedriger Härte, herabgesetzter thermischer und elektrischer Leitfähigkeit durchaus zu erhöhtem Verschleiß führen kann. Nur Markenhersteller haben einen zertifizierten, intern QS-überwachten Fertigungsprozess, der durchweg nur hochwertiges Material zur Verarbeitung zulässt. Ein solcher Anbieter ist ABICOR BINZEL, der durch die entsprechenden Fertigungsprozesse – wie beispielsweise das Hochgeschwindigkeits-Tiefbohrverfahren – und eine interne Werksnorm eine immer gleichbleibend hohe Qualität liefert.

Wo liegt der Unterschied in den Materialien der Stromdüsen?

Es gibt drei unterschiedliche, grundlegende Stromdüsenmaterialien für das Schweißen: E-Cu, CuCrZr und HDS. Jedes hat seine individuelle Beschaffenheit, Eigenschaft und Vorzüge, die wir hier nun im Einzelnen aufzeigen.

E-Cu-Stromdüse

Diese Stromdüse ist aus sehr reinem Elektrolytkupfer (E-Cu) gefertigt. Die Härte nach Vickers dieser Stromdüse beträgt ca. 110 bis 115 HV. Die Reinheit des Kupfers gewährt eine sehr gute Stromübertragung und eine gute Wärme- sowie elektrische Leitfähigkeit. Ihre Erweichungstemperatur liegt bei ca. 260° C und ist daher eher für den niedrigamperigen Bereich und eine nicht sehr hohe Standzeit geeignet. Für eine härtere Variante mit höherer Erweichungstemperatur empfiehlt sich eine Stromdüse aus CuCrZr.

Fazit: Eine Stromdüse mit sehr guten Prozesseigenschaften, jedoch weniger verschleißfest.

CuCrZr-Stromdüse

Der Bestandteil dieser Stromdüse ist Kupfer-Chrom-Zirkonium (CuCrZr). Die Legierungselemente Chrom und Zirkonium sind sehr hart und stellen eine hohe thermische Belastbarkeit sicher. Der Stromübergang ist etwas weniger gut, allerdings ist das für die meisten Prozesse kein spürbares Problem. Mit einer Härte nach Vickers von ca. 168 HV und einer Temperaturbeständigkeit von ca. 500° C, ist dieser Stromdüsenmaterialtyp quasi der Standard. Eine hohe Härte bei gleichzeitiger hoher thermischer Belastbarkeit stehen für einen niedrigen Verschleißgrad bei entsprechend hoher Prozessbelastung.

Wird mit Impulslichtbogen oder im Sprühlichtbogenbereich hochamperig geschweißt, wird die Stromdüse so stark belastet, dass die thermische Belastbarkeit der E-Cu-Stromdüse schnell erreicht wird und diese überschreiten kann. Dass es soweit ist, zeigt sich an einer bläulich-schwarzen Anlauffarbe des Kupfermaterials. Wird mit zu hoher thermischer Belastung weitergeschweißt, erweicht das Kupfermaterial, der Draht erodiert in die Bohrung – auch ovales Auswaschen genannt – und kann sich festbrennen. In einem solchen Fall hilft nur noch der Austausch der Stromdüse. Glücklicherweise ist das bei CuCrZr-Material nur bei extremen Prozessbelastungen der Fall.

Neben der chemischen Zusammensetzung ist speziell bei CuCrZr-Stromdüsen – dies gilt aber genauso bei HDS-Stromdüsen – auch eine gute Abstimmung des Bohrungsdurchmessers auf den Drahtdurchmesser erforderlich. Bei zu engen Bohrungsdurchmessern in der Stromdüse kommt es zu einem schnelleren Zusetzen. Sind die Bohrungsdurchmesser dagegen zu weit, begünstigt dies das Entstehen von Festbrennern. Qualitätshersteller wie ABICOR BINZEL können durch spezielle Fertigungsprozesse hier Toleranzen von einigen Hundertstel Millimetern garantieren. 

Fazit: Stromdüsen aus CuCrZr-Material eignen sich sehr gut für Schweißprozesse im mittleren bis hohen Amperebereich. Sie bieten gute Prozesseigenschaften bei niedrigem Verschleiß.

HDS-Stromdüse / heavy duty silver tip

Für thermisch extrem belastete Prozesse mit bereits hohem Verschleiß oder sogar Versagen von Stromdüsen aus CuCrZr-Material kommt eine Spezialvariante als Problemlöser in Betracht: die HDS-Stromdüse. Der Innenkern um die Bohrung herum besteht aus einem dispersionsverfestigten (Dispersionshärte ist eine spezielle Form der Ausscheidungshärtung im Herstellungsprozess) Kupfer mit mineralischem Bestandteil. Dadurch hat der Innenkern eine hohe Härte und ist gleichzeitig extrem wärmebeständig. Was diese Stromdüse an elektrischer Leitfähigkeit verliert, gleicht ihre Silberbeschichtung sozusagen wieder aus.

Besonders bei Schweißprozessen mit hoher Einschaltdauer bei gleichzeitiger hoher Leistungsaufnahme kann die HDS-Variante ihre Leistungsreserven gegenüber einer CuCrZr-Stromdüse ausspielen und ist ein guter Problemlöser in Sachen Standzeit und Verschleiß. Das ist auch der Grund dafür, weshalb sie gerne bei luftgekühlten Schweißbrennern mit grenzwertiger Einschaltdauer und hohem Schweißstrom genommen wird. HDS-Stromdüsen gibt es in allen gängigen Standard-Geometrien und sind in nahezu allen Brennersystemen von ABICOR BINZEL einsetzbar.

Fazit: Die HDS-Stromdüse ist besonders bei hohen Schweißströmen und/oder hohen Einschaltdauern im Schweißprozess eine gute Alternative, wenn der Typ CuCrZr an seine Grenzen kommt. Häufige Anwendungsgebiete sind luftgekühlte Brenner mit vergleichsweise hoher Einschaltdauer bei hoher Amperebelastung.

Einsatzbereiche der HDS-Stromdüse:

  • Automatisiertes MIG/MAG-Schweißen, insbesondere hochamperige, luftgekühlte Anwendungen
  • Schweißen mit Fülldrähten
  • Auftragsschweißen und Plattieren
  • Schiffs- und Behälterbau
  • Erdbewegungsmaschinenbau

In der Roboter- und Automationsschweißtechnik werden Produktionsprozesse immer weiter optimiert. Hier ist es also umso wichtiger, eine Stromdüse einzusetzen, die diesen Anforderungen gerecht wird. Die HDS von ABICOR BINZEL beispielsweise ist hierfür ideal geeignet.

Welche Stromdüse für welchen Draht?

Lässt sich das überhaupt so pauschal beantworten? Gibt es möglicherweise eine Liste, auf der man sehen kann, welche Stromdüse für welchen Draht geeignet ist?

Grundsätzlich kann man alle drei Stromdüsentypen CuCrZr, E-Cu und HDS mit jedem Draht »füttern«. Mit E-Cu-Stromdüsen kann man besser Aluminium schweißen, was an der Stromübertragung liegt: Ein Alu-Draht selbst ist nicht so leitend wie beispielsweise ein verkupferter Draht. Mittlerweile ist jedoch auch mit CuCrZr-Stromdüsen Aluminium gut zu schweißen. Beim Aluminiumschweißen sollten allerdings aufgrund der erhöhten thermischen Ausdehnung des Aluminiums Stromdüsen mit angepasster (etwas größerer) Innenbohrung eingesetzt werden.

Verschweißt werden Drähte aus verkupfertem und unverkupfertem Kohlenstoffstahl, Edelstahl in jeglicher Legierung, Aluminium, Kupfer-Lötlegierungen (AlSi, CuSi u. ä.) und Fülldrähte. Je nach Oberflächenbeschaffenheit und Oberflächenreinheit sind diese Drähte unterschiedlich abrasiv. Hochabrasiv sind wegen ihrer Kontur zum Beispiel Fülldrähte oder wegen ihrer rauen Oberfläche einige unverkupferte Drähte (mit Resten von Ziehseife). Hier bieten sich härtere Materialien für die Stromdüse an, wie z. B. CuCrZr.

So finden Sie die richtige Stromdüse für Ihre Anwendung

Lassen sie sich am besten von dem Händler Ihres Vertrauens beraten oder fragen Sie beim Hersteller direkt an. Jeder gute Anbieter empfiehlt zu den Schweißbrennern – manche sagen auch »Schweißgeräte« dazu – ebenso Ersatz- bzw. Verschleißteile in seinen Unterlagen, so auch die jeweils optimalen Stromdüsen. Da es neben den Standardausführungen noch die Möglichkeit gibt, spezielle Geometrien einzusetzen, lassen Sie sich am besten professionell beraten.

Zu Stromdüsen gibt es noch viel mehr zu sagen, doch wir konzentrieren uns hier auf die Fragen, die direkt von den Anwendern kommen. Im nächsten »Praxis-Tipps Schweißen« geht es darum, wie Sie Schweißspritzer vermeiden und entfernen können.

Sie wollen keine Tipps aus der Schweißbranche verpassen? Abonnieren Sie unseren Blog oder unsere News: