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Aluminiumschweißen mit einem Cobot - geht das?

Geschrieben von Alberto Haun | 20.04.2021 11:34:58

7 Praxis-Tipps für eine schöne Schweißnaht

Keine Frage: Aluminiumschweißen ist die Königsklasse des Schweißens. Worauf man als produzierendes Unternehmen beim Handschweißen von Aluminium generell achten sollte, haben wir in einem vorherigen Blog ausführlich erläutert. Doch was tun, wenn die Stückzahlen so hoch sind, dass sie von einem Schweißer allein nicht mehr bewältigt werden können? Wenn das Einstellen eines zusätzlichen Schweißers für das Aluminiumschweißen keine Option ist oder sich einfach keine geeignete Fachkraft findet? Kann man Aluminium in der Industrie eventuell auch mit einem Cobot schweißen – also einem kollaborierenden Roboter – oder ist es zu schwierig, einen Cobot so zu programmieren, dass das Ergebnis genauso gut wird wie beim Handschweißen von Aluminium?


Eins sei vorweggenommen: Wenn Sie die folgenden 7 Dinge beachten, werden Sie in Ihrem Unternehmen 1A-Ergebnisse beim Aluminiumschweißen mit einem Cobot erzielen.

Die 7 Praxis-Tipps fürs Metall-Schutzgas-Schweißen von Aluminium mit einem Cobot

1. Für Sauberkeit sorgen

Beim Aluminiumschweißen muss man prinzipiell sauber arbeiten – und zwar sowohl hinsichtlich Sauberkeit auf dem Werkstück als auch einer sauberen Umgebung. Der erste Punkt ist sozusagen Grundvoraussetzung, wenn das Schweißergebnis eine gute Qualität haben soll. Dieser Grundsatz gilt für das Handschweißen, für das Schweißen mit einem Industrie-Schweißroboter, wie auch beim Schweißen von Aluminium mit einem Cobot gleichermaßen. Öl, Fett oder gar Wasser haben absolut nichts auf der Werkstückoberfläche zu suchen. Öl auf einer Stahloberfläche bereitet beim Schweißen keine Probleme, denn das Öl verbrennt einfach. Gelangt Kohlenstoff jedoch in eine Aluminiumschweißnaht, sieht das Ganze anders aus: Eine Verbindung zwischen Werkstück und Zusatzmaterial ist mit Kohlenstoffeinschlüssen nicht mehr möglich. Sollte eine Schweißnaht unter Kohlenstoffeinwirkung doch entstehen, wird diese mit großer Wahrscheinlichkeit später reißen. Aluminiumschweißen muss also unbedingt sauber vonstatten gehen. Am besten ist es sogar, Aluminium in einem separaten Raum zu schweißen, wenn es die Gegebenheiten zulassen.

Neben der Sauberkeit hinsichtlich Fett und Öl als Vorbereitung für den Schweißprozess – nicht nur in der Automatisierung – muss natürlich auch die Oxidschicht entfernt werden. Sie bildet sich bekanntlich sofort auf der Aluminiumoberfläche, sobald diese Sauerstoff ausgesetzt ist und zeigt sich an einem silbrig-weißen Belag. Diese Aluminiumoxidschicht muss vor dem Schweißen mechanisch entfernt werden, wie beispielsweise mit einem Kunststoffvlies. Dieses enthält im Kunststoff gebundene Partikel, die für eine sanfte Entfernung sorgen, denn Kratzer möchte man auf Aluminium unbedingt vermeiden. Da sich diese Oxidschicht bereits innerhalb weniger Minuten neu bildet, muss man das bei der Vorbereitung der Werkstücke beachten und diesen Vorgang eventuell wiederholen. Doch auch im Schweißprozess selbst wird beim Einsatz des MIG-Wechselstromschweißens – kurz: MIG AC-Schweißen – durch die positive Halbwelle im Wechselstrom die Schicht aufgebrochen.

Eine weitere Empfehlung ist, die Kanten der Werkstücke zu entgraten, da sich an ihnen ebenso leicht Schmutz festsetzen kann. Je sauberer ein Werkstück ist für den Schweißprozess mit dem Cobot, desto zuverlässiger ist auch eine gleichbleibend gute Qualität der Schweißnaht.

2. Einschluss von Feuchtigkeit vermeiden

Neben dem Material selbst, muss auch das verwendete Schutzgas beim Aluminiumschweißen frei von Feuchtigkeit sein. Manchmal setzt sich Feuchtigkeit in den Ringleitungen ab, die das Gas zum Prozess transportieren. Feuchtigkeit im Gas führt zum Einschluss von Kohlenwasserstoff, was wiederum Poren in den Schweißnähten entstehen lässt und Porenbildung bedeutet Ausschuss. Spezielle Prüfgeräte, die an der Gasentnahmestelle angeschlossen werden, können die Feuchtigkeit in Gasleitungen messen. Wird Feuchtigkeit in der Gasleitung festgestellt, muss diese mit gasförmigem Stickstoff gespült werden, bis der Feuchtigkeitsgehalt maximal 200 ppm beträgt.

Der Aufbau der Ringleitung spielt beim Thema Feuchtigkeitseinschluss eine große Rolle. Manchmal sieht man, dass Schnittstellen bzw. Verbindungsstellen mit Hanf abgedichtet sind, doch dies sollte vermieden werden. Hanf an den Verbindungsstellen kann durch seine natürliche Beschaffenheit Sauerstoff und damit Feuchtigkeit in die Gasleitung einlassen. Besser eignet sich PTFE-Klebeband für das Abdichten von Gasleitungen mit Schraubverbindungen. Mittlerweile werden jedoch immer häufiger Quetschverbindungen verwendet. Alternativ können die Verbindungen auch gelötet werden, was allerdings zeitaufwendiger und kostenintensiver ist.

Neben Porenbildung kann Feuchtigkeit auch – egal ob diese nun aus der Leitung stammt, die das Schutzgas zuführt, auf dem Grundwerkstoff zurückgeblieben ist oder mit dem Schweißdraht eingebracht wurde – zu schwarzen Stellen in der Schweißnaht führen. Bei Bauteilen aus Aluminium, wo ja überwiegend mit Sichtnähten gearbeitet wird, ist das nicht erwünscht.

3. Sauberer Draht

Das Thema Sauberkeit spielt natürlich ebenso für den Draht beim Aluminiumschweißen mit einem Cobot eine wichtige Rolle. Draht darf nicht zu alt sein. Hat eine Spule mit Aluminiumdraht beispielsweise mehrere Jahre ohne Schutz wie die Folie um die Spule oder in einem geöffneten Fass in einer Produktionshalle gelegen, ist der Draht nicht mehr brauchbar. Er war zu lange dem Umgebungssauerstoff ausgesetzt und hat eine mittlerweile nicht mehr zu entfernende Oxidschicht angesetzt. Hier hilft nur noch fachgerechte Entsorgung. Bei Aluminiumdraht muss also unbedingt auch auf eine richtige Lagerung geachtet werden. Wenn der Draht nur einige Tage oder Wochen liegt, hilft das Abspulen und Entfernen der obersten Drahtlage.

4. Richtige Bestückung von Stromquelle und Schweißbrenner

An die Stromquelle selbst werden keine besonderen Anforderungen gestellt. Dass sie besondere Kennlinien zum Aluminiumschweißen haben sollte, versteht sich von selbst. Allerdings muss penibel auf die richtige Bestückung der Stromquelle zum Aluminiumschweißen geachtet werden. Gleiches gilt für die Ausrüstung des Schweißbrenners. Im Folgenden haben wir Ihnen die wichtigsten zu beachtenden Punkte für Stromquelle und Schweißbrenner zusammengestellt:

Drahtvorschubrollen in der Stromquelle

Während Stahldraht mit einer V-Nut auf den Drahtvorschubrollen befördert wird, braucht man für das Aluminiumschweißen eine U-Nut in der Vorschubrolle. Diese halbrund geformte Nut fördert den weichen Aluminiumdraht sauber und zuverlässig zum Schlauchpaket und ohne ihn zu deformieren. Die Wahl der falschen Nut-Form kann zur Folge haben, dass sich Partikel des Aluminiumdrahts sprichwörtlich abschälen, sich diese Späne in der Drahtförderspirale festsetzen und zu Drahthängern führen. Sprechen Sie hierzu am besten Ihren Schweißfachhändler an.

Spezielle PTFE-Seele/Führungsspirale

Durch die sehr glatte Oberfläche der PTFE-Seele kann Aluminiumdraht sehr leicht und sehr sauber vom maschinenseitigen Anschluss des Schweißbrenners durch das Schlauchpaket hindurch und zum Prozess geführt werden. Der vordere Teil dieser Führungsspirale besteht jedoch aus einem Stück Kupferspirale, die dafür sorgt, dass das PTFE nicht verbrennt – was unweigerlich passieren würde, wäre es auch in dem Teil der Spirale eingesetzt, die durch den Brennerkopf führt und damit direkt zum Prozess. Ihre Kombination aus PTFE und Kupfer macht diese spezielle Seele zu einer Kombi-Drahtseele im allgemeinen Sprachgebrauch. Mehr zum Thema Führungsspiralen, Liner und Kombi-Drahtseelen finden Sie hier.

Spezielle Stromdüsen und Gasdüsen

Damit der weiche Aluminiumdraht sicher geführt werden kann, muss auch der Innendurchmesser der Stromdüse – auch Stromkontaktrohr genannt – größer sein. Hat beispielsweise der Aluminiumdraht einen Durchmesser von 1,2 mm, sollte die verwendete Stromdüse um ca. 0,2 mm im Innendurchmesser größer sein als man sie beim Stahldraht verwenden würde. Zusätzlich gibt es eigene Stromdüsen für das Schweißen mit Aluminiumdraht. Hierfür eignen sich Stromdüsen aus E-Cu, da der Aluminiumdraht selbst nicht so leitend ist wie vergleichsweise ein verkupferter Draht und die Stromdüse dann die Aufgabe des Stromübertrags mit übernimmt. Ebenfalls eignen sich Stromdüsen aus CuCrZr gut zum Aluminiumschweißen.

Genauso wie die Stromdüse muss auch die Gasdüse einen größeren Innendurchmesser haben, um eine bessere Gasabdeckung zu gewährleisten. Der Durchmesser der Gasdüse beim Aluminiumschweißen sollte mindestens 16 mm betragen.

5. Maximale Länge des Schlauchpakets

Je länger das Schlauchpaket des Schweißbrenners, desto mehr Widerstand bedeutet das für den Draht. Weil Aluminiumdraht sehr weich ist, sollte das Schlauchpaket beim Aluminiumschweißen mit einem Cobot so kurz wie möglich sein, wenn man mit einem einfachen Antrieb für den Drahtvorschub arbeitet. Wir empfehlen eine maximale Länge von 3 Metern für das Schlauchpaket am Cobot zum Aluminiumschweißen.

Ganz wichtig: Aluminiumschweißen mit einem Cobot funktioniert mit einem flüssiggekühlten Schweißbrenner am besten. Der Grund hierfür ist einfach: Das flüssiggekühlte Schlauchpaket ist stabiler. Gleichzeitig sind die Verschleißteile langlebiger, weil sie besser gekühlt werden und sich somit die Spritzeranhaftung reduziert. Das wiederum gewährleistet einen zuverlässigen laminaren Schutzgasstrom.

6. Generell stechend schweißen

Beim Aluminiumschweißen entsteht immer Ruß. Um zu verhindern, dass dieser Ruß ins Schweißbad gelangt, empfiehlt sich das stechende Schweißen. Beim stechend Schweißen hält der Cobot den Brenner um 20° entgegen der Schweißrichtung geneigt. Der Lichtbogen trifft dabei auf den Grundwerkstoff, der noch nicht aufgeschmolzen ist. Der entstehende Ruß läuft immer vor dem Schmelzbad und verbrennt sofort wieder. Es entsteht ein flaches Nahtprofil, eine glatte Naht und eine geringe Einbrandtiefe.

Bei neutraler Haltung des Brenners wird Ruß in die Schweißnaht eingebracht, weil der Lichtbogen auf das Schweißgut brennt, was sich an kleinen schwarzen Punkten bemerkbar macht, wenn man nach dem Schweißen über die Naht bürstet. Beim schleppend Schweißen – also einer Brennerhaltung um 20° in Schweißrichtung – gestaltet sich das Ergebnis noch schlechter, denn dann wird die komplette Schweißnaht verrußt, was sich auch nicht mehr herausbürsten lässt. Außerdem bringt schleppend Schweißen einen tieferen Einbrand und auch die Naht wird höher. Stechend schweißen ist also generell die richtige Schweißrichtung beim Aluminiumschweißen.

7. Immer eine Wurzel schweißen

Aluminium muss immer mit Wurzel geschweißt werden, nicht nur in der Automatisierung. Das heißt, die Schweißnaht muss durchgeschweißt werden, um einen Vollanschluss zwischen Werkstoff und Zusatzmaterial zu erreichen. Schweißt man Aluminium nicht durch, entsteht eine Kerbe auf der Rückseite und an dieser Stelle kann das geschweißte Bauteil brechen. Mit dem Schweißen einer Wurzel beim Aluminiumschweißen erreicht man erst die erwünschte Stabilität.

Last but not least entscheidet der Schweißer mit seiner Fachkenntnis darüber, wie gut das Ergebnis beim Aluminiumschweißen mit einem Cobot gelingt. Vielfach besteht noch die verbreitete Befürchtung, dass ein Cobot einem gelernten Schweißer den Arbeitsplatz wegnimmt. Diese Angst vor Jobverlust kann schnell widerlegt werden. Ein Cobot ist nur so gut wie sein Programmierer, der erfahrene Schweißer. Zwar braucht es zum Programmieren eines Cobots längst nicht die Programmierkenntnisse und den Zeitaufwand wie beim Programmieren eines Schweißroboters, doch muss der Programmierer des Cobots ein Fachmann im Schweißen sein.

Beim Programmieren eines Cobots gibt der Schweißer all sein Fachwissen und sein Können in das System des kollaborierenden Roboters ein, damit am Ende jedes Bauteil das gewünschte Ergebnis aufweist. Einmal programmiert, kann dann auch ein Mitarbeiter ohne spezielle Fachkenntnisse die Bestückung des kollaborierenden Roboters übernehmen. Der gelernte Schweißer hat somit mehr Zeit für anspruchsvollere Arbeiten, die sein ganzes Know-how erfordern. Auf diese Weise können zum einen höhere Stückzahlen bei gleichbleibender Qualität produziert werden, denn einmal programmiert schweißt ein Cobot ohne Pause. Zum anderen schafft ein Cobot sogar Arbeitsplätze im Unternehmen, weil Bauteile entsprechend vorbereitet, dem kollaborierenden Roboter zur Verfügung gestellt und wieder für die Weiterverarbeitung fertig gemacht werden müssen.

Aluminiumschweißen mit einem Cobot bedeutet effizienter schweißen mit gleichbleibender Qualität und eignet sich hervorragend bei höheren Stückzahlen.

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Happy Welding!